Tatjana Maria und Jule Niemeier: Zwei deutsche Power-Frauen mischen Wimbledon auf
Beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon stehen zwei deutsche Damen sensationell im Achtelfinale. Ihr Alltag könnte dabei unterschiedlicher kaum sein.
Wimbledon – Die britische Hauptstadt London ist dieser Tage der Nabel der Sportwelt. Im Stadtteil Wimbledon wird die diesjährige Ausgabe des traditionsreichsten Tennisturniers ausgetragen. Ein deutsches Damen-Duo ist bei dem Grand Slam immer noch mit dabei – und mischte in den vergangenen Tagen die Weltelite auf. Tatjana Maria und Jule Niemeier bestreiten am Sonntag (3. Juli) ihre Achtelfinal-Matches. Die beiden wollen ihren grandiosen Lauf der ersten drei Runden fortführen.
Wimbledon: Tatjana Maria und Jule Niemeier mischen die Tennis-Welt auf
Im Damen-Tableau fanden sich in Runde drei gleich drei Deutsche: Angelique Kerber und eben Niemeier sowie Maria. Mit Kerber, Wimbledon-Champion von 2018, hatten einige Experten durchaus gerechnet. Die mehrfache Grand-Slam-Siegerin verlor allerdings nach einer schwachen Leistung ihre Drittrundenpartie gegen die Belgierin Elise Mertens in zwei Sätzen. Dafür trumpften die Außenseiterinnen Niemeier (Weltranglisten-97.) und Tatjana Maria (103.) groß auf.
Den sportlich dicksten Brocken räumte in Runde drei Letztere aus dem Weg. Maria bezwang die griechische Nummer fünf der Welt, Maria Sakkari, mit 6:3 und 7:5. Mit ihrem flachen Slice auf der Vorhand- und Rückhandseite, der auf Rasen vom Bodenbelag sehr gut angenommen wird, und starken Volleys entnervte die Deutsche die Favoritin. Durch den Erfolg steht die 34-jährige Maria erstmals in ihrer Karriere bei einem Grand-Slam-Turnier im Achtelfinale.

Nach dem Match war die Freude bei der zweifachen Mutter riesengroß: „Es gibt keine Worte dafür, nur die reine Freude, dass ich das mit meiner Familie erleben darf“, sagte sie – und dankte ihrem Ehemann Charles Edouard Maria, der auch als ihr Trainer fungiert: „Ohne ihn wäre das alles nicht möglich, er glaubt immer an mich, er unterstützt mich bei allem.“
Wimbledon: Tatjana Maria stürmt als zweifache Mama ins Achtelfinale – für die Töchter „hat sich nichts geändert“
Das Familienleben hat für Maria Priorität und ist möglicherweise auch ein Schlüssel zum Erfolg. „Vielleicht denkt man als Mama ein bisschen anders, mein Fokus ist bei meinen Kindern“, sagte Maria nach dem Sakkari-Match. „Ich gehe nachher da rüber, hole meine Kinder aus der Kinderbetreuung und bin die Mama. Für die hat sich nichts geändert, egal ob ich gewinne oder verliere.“
Zwischen Matches und Trainingseinheiten kümmert sie sich gemeinsam mit ihrem Mann um die zwei Töchter. Die jüngere, Cecilia, kam 2021 auf die Welt. Ihre ältere Schwester Charlotte ist inzwischen acht Jahre alt – und schwingt auch schon das Racket, ganz wie ihre Mama. Charlotte zeigt durchaus Talent, das scheint ihr von den Eltern in die Wiege gelegt worden zu sein. Denn auch Papa Charles Edouard war einst Tennisprofi.

Wimbledon: Tatjana Maria will Tochter Charlotte „ein Vorbild sein“ – die Achtjährige zeigt ihr Tennis-Talent
„Ihr versuche ich ein Vorbild zu sein“, meinte unterdessen die Mama. Und prophezeite voller Stolz: „Sie wird der nächste Champion.“ Doch erst einmal will Charlottes Mutter in der Gegenwart die Runde der letzten Acht erreichen. Im Achtelfinale bekommt es Maria mit Jelena Ostapenko aus Lettland zu tun.
Auch da ist für die deutsche Rasenspezialistin, die 2018 einen ihrer beiden WTA-Tour-Turniersiege auf Mallorca auf Rasen gewann, wieder eine Überraschung drin. Und sollte Maria gewinnen, könnte es im Viertelfinale zum deutschen Duell mit Jule Niemeier kommen.
Wimbledon: Jule Niemeier muss im Achtelfinale gegen Lokalmatadorin Watson und das Publikum ran
Die Dortmunderin, Teamkollegin von Maria im Bundesligateam des TC Bredeney, ist ein deutlich anderer Spielerinnentyp als ihre Landsfrau. Statt viel zu Slicen setzt Niemeier auf Power-Tennis, besonders über die starke Vorhand und einen sehr guten Aufschlag. In Runde zwei demontierte die 22-Jährige die Weltranglistendritte Anett Kontaveit (Estland) mit 6:4 und 6:0. Für ihr Achtelfinalticket musste Niemeier etwas mehr kämpfen, als sie Lesia Tsurenko aus der Ukraine in drei Sätzen bezwang.
Das Achtelfinale gegen die Britin Heather Watson wird nun ein Kampf gegen die Gegnerin und das frenetische Heimpublikum. Die Zuschauer werden ihre Landsfrau – vermutlich auf dem Centre Court – lautstark anfeuern. „Die Atmosphäre wird unglaublich sein“, glaubt auch Niemeier. Doch sie bleibt gelassen: „Ich freue mich drauf.“

Wimbledon: Selbstbewusste Jule Niemeier „kann fast jede schlagen“ – Petkovic lobt Doppelpartnerin
An Selbstbewusstsein fehlt es der jungen Deutschen nicht. Das stieg natürlich umso mehr, nachdem Niemeier sich durch die Qualifikation ins Hauptfeld von Wimbledon gekämpft hatte. Nach ihren starken Auftritten befand die Nachwuchshoffnung: „Ich kann fast jede schlagen.“ Zwischenzeitlich durfte sie sich sogar über Glückwünsche von Mats Hummels freuen.
Andrea Petkovic ist ähnlich positiv gestimmt. Die langjährige Fed-Cup-Spielerin war in Wimbledon Doppelpartnerin von Niemeier und hält große Stücke auf diese. „Spielerisch ist sie für mich eine absolute Top-20-Spielerin“, sagte Petkovic der SZ: „Das weiß sie, das sage ich ihr jeden Tag sieben bis achtmal.“ (kh)