Marc Blucha: „Vereine sind Dienstleister geworden“

Der FC Wehrda feiert an diesem Wochenende sein 100-jähriges Bestehen. Wir haben mit dem Vorsitzenden Marc Blucha über seinen Verein gesprochen.
100 Jahre FC Wehrda. Wie ist die Situation im Jubiläumsjahr?
Der Verein hat schon schwierigere Zeiten gemeistert, und den Verein wird es auch weiterhin geben. Das Verhältnis und die Atmosphäre in den Seniorenmannschaften sind gut – aber insgesamt auch noch ausbaufähig. Es gibt in vielerlei Hinsicht viel zu tun.
Was heißt das konkret?
Das Vereinsleben hat sich in den 100 Jahren enorm verändert. Früher stand der Verein im Mittelpunkt, am Wochenende traf man sich auf dem Sportplatz zum Spiel. Der Verein war Treffpunkt für Geselligkeit aller Art und die Unterstützung, Hilfsbereitschaft und das Engagement waren enorm. Zu Auswärtsspielen hatte die Mannschaft oft ein Fan-Bus und viele Zuschauer begleitet. Heute ist der Verein immer mehr zum Dienstleister geworden und die Erwartungshaltung an den Verein ist oftmals größer als die Bereitschaft sich zu engagieren.
Wie sehen die Mitgliederzahlen aus?
Seit unserem 75-jährigen Jubiläum sind die Mitgliederzahlen von 380 auf 280 gesunken.
Woran liegt das?
Das ist kein spezielles Phänomen des FC Wehrda und hat mehrere Ursachen. Der Altersdurchschnitt in unserem Verein ist hoch, und so wir verlieren immer wieder treue und ältere Mitglieder. Auf der anderen Seite haben die Jugendlichen heute ein wesentlich größeres Freizeitangebot und sind auch nicht ortsgebunden. Berufsbedingt müssen auch immer wieder Vereinsmitglieder umziehen und ihren Wohnort wechseln.
Wie ist es um die Jugendarbeit beim FC Wehrda bestellt?
Aufgrund mangelnder Mitglieder im Nachwuchsbereich haben wir zunächst mit dem FC Neukirchen die Jugendspielgemeinschaft Haunetal gegründet. Inzwischen haben sich mehrere Vereine zur JFV Burghaun/Haunetal zusammengeschlossen und kümmern sich gemeinsam intensiv um die Nachwuchsarbeit. Da gibt es hervorragende und sehr engagierte Betreuer und Trainer, die sich um die Kinder und Jugendlichen kümmern. Doch dies kostet neben Zeit und Engagement auch Geld, was wiederum ein Problem ist.
Worin liegt das Problem?
Wir zahlen pro Jugendlichen an die Jugendspielgemeinschaft 90 Euro pro Jahr für Training, Spielbetrieb und Organisation. Im Vorjahr waren es sogar 126 Euro. Gleichzeitig beträgt unser Mitgliedsbeitrag für Jugendliche 36 Euro. Das heißt, wir sind gezwungen mehr auszugeben, als wir einnehmen. Dennoch wollen wir den Jugendbereich fördern und unterstützen, denn dies ist zugleich unsere Zukunft.
Betriebswirtschaftlich ist dies auf Dauer doch nicht machbar, oder?
Das ist korrekt und wir müssen zwangsläufig in absehbarer Zeit möglicherweise darüber diskutieren, die Beiträge anzupassen. Gleichzeitig ist Geld nur ein Faktor. Hilfreich wäre es zudem, wenn von einigen Eltern mehr Engagement eingebracht werden würde. Einige geben ihre Kinder schon in der Ferne ab und verschwinden dann. Man sollte den Verein nicht als günstigen Dienstleister betrachten, sondern auch Interesse für das Vereinsleben zeigen.
Wie kann ein Verein bei diesen Beiträgen überleben?
Die finanzielle Herausforderung ist in der Tat enorm und wächst stetig. Eine Haupteinnahmequelle ist der Spielbetrieb mit Getränkeverkauf und Grillstand. Zudem hatten wir bis zur Corona-Pandemie regelmäßig das Backhausfest veranstaltet.
Wie sieht die Ausgabenseite aus?
Große Spielergehälter, wie in manchen anderen Vereinen, gibt es bei uns nicht. Wir haben einen Pachtvertrag mit der Gemeinde, in dem wir verpflichtet sind die Anlage zu pflegen und zu unterhalten: Das heißt Kosten für Strom – auch für die Flutlichtanlage – sowie Kosten für die Ölheizung. Angesichts der gestiegenen Energiekosten eine schwierige Aufgabe. Für die Pflege des Rasens mussten wir nach über 20 Jahren einen neuen professionellen Rasenmäher kaufen. Nur dank zahlreicher Spenden und jahrelangem Ansparen haben wir es geschafft diese gewaltige Summe, die fast fünfstellig ist, aufzubringen.
Der FC Wehrda tritt bei den Senioren mit dem FC Neukirchen als SG Haunetal auf. Wie läuft das?
Aus sportlicher Sicht war der Zusammenschluss 2003 sinnvoll und hat sich bewährt. Dass alte Rivalitäten manchmal noch aufblitzen ist nicht zu leugnen, wenn man jahrelang in unmittelbarer Konkurrenz stand und sich immer wieder einmal auf die Füße getreten ist. Bei den Spielern selbst ist dies aktuell hingegen kein Thema mehr, da zählt der gemeinsame Erfolg und der Teamgeist – und der ist ausgesprochen gut. » HINTERGRUND
Von Volker Kilgus