EU-Staaten finden Kompromiss bei Verbrenner-Aus – mit deutlichen Einschränkungen

Bis spät in die Nacht wurde verhandelt, doch am Ende steht ein Kompromiss, der deutliche Einschränkungen für neue Autos mit Verbrennermotor vorsieht.
Luxemburg/Brüssel – Stinkende Autos könnten in einigen Jahren der Vergangenheit angehören: Die EU-Länder haben für das Verbot von Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 gestimmt– jedoch mit erheblichen Einschränkungen. Nachdem bereits das EU-Parlament vor einigen Tagen für das Verbrennerverbot votiert hat, entschieden sich auch die Länderchefs für eine entsprechende Regelung. Auf Bundesebene hatte die Ampel kurz vor der Entscheidung der EU-Staaten eine gemeinsame Linie gefunden. Zuvor brodelte schon länger ein Streit wegen des Verbrenners zwischen FDP, Grüne und SPD – die Liberalen lehnten ein striktes Verbot ab 2035 ab.
Entscheidung gefallen: Umweltminister der EU-Länder einigen sich auf Verbot von Verbrennermotoren
Die Umweltminister der EU-Länder einigten sich in der Nacht zum Mittwoch unter anderem auf eine gemeinsame Position zur Reform des Emissionshandels und zu einem Verbot von Verbrennungsmotoren. Doch das jetzige Ergebnis sieht vor, dass zwar das Verbrenner-Aus 2035 kommen soll, allerdings dürften dann schon zugelassene Fahrzeuge weiter fahren. Außerdem wird geprüft, ob es Ausnahmen für Verbrenner geben könnte, die mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden.
Das EU-Parlament war zuvor bei den Forderungen deutlicher geworden und hatte ein De-facto-Aus für Verbrennungsmotoren in der EU gefordert.
EU-Länder beschließen Aus für den Verbrenner ab 2035: FDP hatte in Deutschland Streit losgetreten
Am Morgen vor der entscheidenden Sitzung der EU-Länder hatte Umweltministerin Steffi Lemke trotz der heftigen Kritik der FDP für ein Aus für neue Verbrenner-Motoren bei Autos ab 2035 ausgesprochen: „Deutschland unterstützt den Vorschlag, wie die Kommission ihn im ‚Fit for 55‘-Paket gemacht hat“, sagte die Politikerin. Der Beschluss zum Verbrenner-Aus ist Teil des sogenannten Fit-for-55-Pakets, eines Klimaschutzpakets der EU. „Wenn das Paket beinhaltet, was wir wollen, keine Autos, die CO2 ausstoßen nach 2035, dann werden wir zustimmen“, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin.
Kritik an dem Vorgehen der Umweltministerin Lemke kam ursprünglich unter anderem von Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner. „Die heutigen Äußerungen der Umweltministerin sind überraschend, denn sie entsprechen nicht den aktuellen Verabredungen“, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Verbrennungsmotoren mit CO2-freien Kraftstoffen sollten als Technologie auch nach 2035 in allen Fahrzeugen möglich sein, war die Position des Ministers. Aus diesem Grund hätten die FDP geführten Ministerien einem entsprechendem Abstimmungsverhalten zunächst nicht zugestimmt. Erst am späten Nachmittag kam dann die Einigung der Koalition
Scholz dementiert Streit in der Ampel wegen Verbrenner-Aus: Robert Habeck zeigte sich bereit für Kompromisse
Bereits am Montagabend hatte sich Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Streit um die deutsche Haltung zum Verbrenner-Aus kompromissbereit gezeigt. „Europa ist ja eine lebende Kompromiss-Maschine, und an der arbeiten wir mit“, sagte der Grünen-Politiker und sprach sich dafür aus, dass die EU-Staaten gemeinsam eine gute Lösung finden sollten. Dass es einen erheblichen Streit zwischen FDP und Lemke über das mögliche Aus des Verbrenners ab 2035 gibt, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag zurückgewiesen: Die Koalition sei sich einig, geschlossen zu handeln, erklärte der SPD-Politiker in seiner Abschluss-Pressekonferenz des G7-Gipfels auf Schloss Elmau.
Als Grundlage für die deutsche Entscheidung bei der Abstimmung der EU-Staaten nannte Scholz den Koalitionsvertrag der Ampelregierung, in dem die Pläne genau beschrieben seien. Scholz betonte aber auch im Vorfeld des Gipfels der EU, dass zwar emissionsfreie Antriebe im Mittelpunkt stünden, doch auch die Möglichkeit, E-Fuels zu prüfen, sollte offen gehalten werden. „Das haben wir auch als Regierung gemeinsam den europäischen Institutionen, der Kommission und dem Rat, immer so vorgetragen.“
Entscheidung über Verbrenner-Aus: Ergebnis war bis zuletzt nicht sicher
Dass sich die EU-Staaten für das Verbrenner-Aus ab 2035 entscheiden würden, war bis kurz vor der Abstimmung umstritten. Viele Beobachter des Politikbetriebs gingen vor wenigen Wochen noch davon aus, dass die EU-Länder eine entsprechende Entscheidung befürworten würden. Doch der Streit der Bundesregierung brachte zuletzt die Abstimmung ins Wanken: Lindner und Verkehrsminister Volker Wissing hatten eine entscheidende Änderung des Vorhabens gefordert und sich damit gegen die ursprünglichen Pläne der Ampel-Koalition gestellt.
„Es ist wahrscheinlich, dass andere folgen werden, wenn Berlin nicht für ein Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor bis 2035 stimmt“, hatte ein EU-Diplomat jüngst gegenüber der Deutschen Presse-Agentur angemerkt. Hätten sich die EU-Staaten schlussendlich gegen ein Verbrenner-Aus entschieden, wären noch Verhandlungen mit dem EU-Parlament nötig gewesen, da sich die Parlamentarier bereits für ein Verbot ausgesprochen hatten. Wichtig für Verbraucher in der EU: Das Verbot des Verbrenners betrifft nur Neuwagen. Ältere Fahrzeuge dürfen weiter betrieben werden.