Ausbleibende Panzerlieferungen setzen Scholz unter Druck: Kritik aus Ukraine und der Ampel wächst

Olaf Scholz will weiter keine Panzer an die Ukraine liefern. Aus der eigenen Ampel-Koalition und der Ukraine wird die Kritik am deutschen Bundeskanzler nun immer lauter.
Berlin/Kiew - Mit seiner ablehnenden Haltung gegenüber Panzerlieferungen an die Ukraine gerät Bundeskanzler Olaf Scholz unter zunehmenden Druck in der eigenen Koalition. Koalitionspolitiker wie Anton Hofreiter von den Grünen und Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP drängten am Dienstag mit Nachdruck auf eine Belieferung der Ukraine mit deutschen Schützen- und Kampfpanzern. Mit dem Außenexperten Michael Roth drängte auch ein prominenter SPD-Politiker erneut auf ein solches Vorgehen.
Auch die US-Botschaft in Berlin mahnte mehr Unterstützung für die Ukraine an. Kanzler Scholz und das SPD-geführte Verteidigungsministerium lehnen die Lieferung der von der Ukraine dringend gewünschten Kampfpanzer und gepanzerten Fahrzeuge bislang ab. Sie argumentieren, dass auch die Nato-Verbündeten keine derartigen Kriegsgeräte lieferten und Deutschland dies nicht im Alleingang unternehmen könne.
Kritik an Scholz wächst - sogar aus der eigenen Partei
SPD-Außenexperte Roth sieht darin allerdings kein Hindernis: Er forderte die Regierung auf, aktiv zu werden und sich mit den Nato-Verbündeten, allen voran den USA, rasch auf Panzerlieferungen zu verständigen. „Noch niemand hat das geliefert, was jetzt gefordert wird, also Schützenpanzer, Kampfpanzer, aber solche Verabredungen sind ja nicht in Stein gemeißelt“, sagte Roth am Dienstag im Deutschlandfunk.
Die Bundesregierung müsse nun mit den USA, der Nato und der EU über mögliche Lieferungen sprechen, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Außenausschusses. Seines Wissens nach „könnten sowieso nur die USA und Deutschland diese Panzer liefern, die jetzt auch von der Ukraine erwartet werden“.
Panzerlieferungen an die Ukraine: Rüstungskonzern mit „auslieferfähigen“ Mardern - doch Genehmigung fehlt
Der Rüstungskonzern Rheinmetall teilte am Dienstag dem ARD-Hauptstadtstudio mit, dass er 16 Marder-Schützenpanzer aus alten Bundeswehrbeständen wiederhergestellt habe - auf eigene Kosten. Die Panzer seien „auslieferfähig“, allerdings liege noch keine Ausfuhrgenehmigung durch die Bundesregierung vor. Mit der Aufbereitung 14 weiterer Marder habe Rheinmetall bereits begonnen, berichtete das ARD-Hauptstadtstudio weiter. Bei Bedarf könnten noch 70 weitere Fahrzeuge aus Altbeständen wieder nutzbar gemacht werden.
Die Koalitionsparteien Grüne und FDP drängten die Regierung mit wachsender Ungeduld zu einem Kurswechsel. Die Zurückhaltung des Verteidigungsministeriums bei den Waffenlieferungen gehe „zu Lasten der Ukraine“, sagte die FDP-Wehrexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann der Nachrichtenagentur AFP.
FDP und Grüne mit Kritik an Verteidigungsministerium: „Linie teilen wir nicht“
Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses widersprach der Darstellung des Ministeriums, wonach alles von der Bundeswehr geliefert wurde, was möglich sei: „Die Linie, die das Bundesverteidigungsministerium derzeit fährt, teilen wir als Freie Demokraten nicht.“
Der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern vom Dienstag: „Wir kommen über kurz oder lang nicht umhin, der Ukraine moderne, westliche Kampfpanzer zu liefern.“ Deutschland dürfe „sich nicht weiter hinter anderen Ländern verstecken“. Auch Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann forderte mehr deutsche Waffen für die Ukraine. „Die Ukraine braucht unsere Unterstützung und die unserer Bündnispartner mehr denn je - und zwar wirtschaftlich, humanitär und mit mehr Waffenlieferungen“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die US-Botschaft in Berlin bekräftigte am Dienstag auf Twitter ihren Aufruf an alle Verbündeten und Partner, „der Ukraine im Kampf um ihre demokratische Souveränität so viel Unterstützung wie möglich zu gewähren“. Die Entscheidung über die Art der Hilfen liege dabei „letztlich bei jedem Land selbst“, schrieb die Botschaft.
Video: Panzer für die Ukraine: FDP und Grüne verstärken den Druck
Die Ukraine bekräftigte ihre Forderungen an Deutschland. Mit Enttäuschung und Kritik reagierte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf die Weigerung der Bundesregierung, seinem Land Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Aus Berlin kämen „enttäuschende Signale“, schrieb Kuleba im Kurzbotschaftendienst Twitter. Es gebe „kein einziges vernünftiges Argument, warum solche Waffen nicht geliefert werden können - nur abstrakte Befürchtungen und Entschuldigungen“.
Und auch ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zeigte sich auf Twitter enttäuscht. Auf Deutsch schrieb Mykhailo Podolyak: „Seit sechs Monaten streiten die Verbündeten darüber, wer Panzer an die Ukraine verkaufen soll. Sechs Monate lang gibt es keine Panzer, weil es keine ‚politische Entscheidung‘ dafür gibt.“ Russland setze derweil den Terror fort, Menschen würden sterben, Zeit vergehe. Podolyaks Tweet endet eindringlich mit: „Deutschland, wir warten auf Dein Wort.“ (AFP/fmü)