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Steinmeier-Vorschlag: Bundesregierung lehnt sozialen Pflichtdienst ab

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Von: Erkan Pehlivan

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Eine soziale Pflichtzeit, wie sie Bundespräsident Steinmeier vorschlägt, lehnen Bundesregierung und die Gewerkschaft Ver.di ab. Zustimmung kommt von Union.

Berlin – In der Debatte um eine soziale Dienstpflicht hat Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Linke) Parallelen zur Schulpflicht gezogen. „Statt reflexartig einfach nur auf dem Bundespräsidenten rumzuhacken und wieder von neuem Zwang zu reden und dabei die Schulpflicht einfach auszublenden, werbe ich dafür, mit ein bisschen mehr Gelassenheit das Thema anzugucken“, sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur.

Die Schulpflicht sei auch ein Zwang, und der Staat greife in das Leben von jungen Menschen ein. Er frage sich, weswegen man nicht noch ein Jahr mehr „dazu definieren“ könne.

Bundespräsident Steinmeier: „Soziale Dienstpflicht baut Vorurteile ab und stärkt Gemeinsinn“

Erst am Wochenende hatte Bundespräsident Frank Walter Steinmeier eine Debatte über einen sozialen Pflichtdienst angeregt und dies damit begründet, dass eine Dienstpflicht die Gemeinschaft stärken könnte. „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Verständnis für andere Lebensentwürfe und Meinungen abnimmt, kann eine soziale Pflichtzeit besonders wertvoll sein“, sagte Steinmeier der Bild am Sonntag. „Man kommt raus aus der eigenen Blase, trifft ganz andere Menschen, hilft Bürgern in Notlagen. Das baut Vorurteile ab und stärkt den Gemeinsinn.“

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stößt Debatte um sozialen Pflichtdienst an
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist für einen sozialen Pflichtdienst. © Silas Stein/dpa

Steinmeier-Vorschlag: CDU unterstützt zivilen Pflichtdienst

Unterstützung für einen zivilen Pflichtdienst kommt von der CDU. Die Gesellschaft werde immer pluralistischer, „gleichzeitig begegnen sich viele soziale und ethnische Milieus nicht mehr“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende, Carsten Linnemann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Mit einem „verpflichtenden Gesellschaftsjahr“ könne man dem entgegentreten.

Jugendorganisationen von SPD, Grüne und FDP lehnen Pflichtdienst ab

Allerdings führt der Vorschlag des Bundespräsidenten bei vielen Jugendorganisation der Parteien zu Kritik. Die Jusos (SPD), die Jungen Liberalen (FDP) und die Grüne Jugend, hatten Steinmeiers Vorschlag am Montag zurückgewiesen. Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, sprach sich aber dafür aus, per Online-Umfrage zu klären, wie es um die Bereitschaft junger Leute stehe. „Ich schlage daher eine digitale Jugendbefragung der 14- bis 21-Jährigen vor. So geben wir denjenigen eine Stimme, über die hier gesprochen wird, und hören, was sie eigentlich wollen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Auch verschiedene Verbände lehnen einen sozialen Pflichtdienst ab. Ver.di-Chef Frank Werneke sagte, seine Gewerkschaft lehne einen Pflichtdienst ab. Damit werde in unzulässiger Weise in die Lebensplanung von jungen Menschen eingegriffen. Auch der Paritätische Gesamtverband und der Sozialverband Deutschland (SoVD) äußerten sich ablehnend.

Bundesregierung, Ver.di und Sozialverband Deutschland dagegen

Statt einer Dienstpflicht sollten der Gesetzgeber, soziale Einrichtungen und Wohlfahrtsverbände besser den Ausbau der Freiwilligendienste und die Förderung des ehrenamtlichen Engagements forcieren. „Ziel des sozialen Engagements sollte allerdings nicht das Stopfen von Personallöchern in Einrichtungen und Diensten sei“, sagte SoVD-Präsident Adolf Bauer. Auch die Bundesregierung reagierte mit Skepsis auf das Thema. Unter anderem erteilten Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) der Idee eine Absage. (ep mit dpa/epd)

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