Gewinne kassieren: Robert Habeck plant Zerschlagung von Ölkonzernen
Der Tankrabatt für Diesel und Benzin verpufft: Um schneller gegen Ölkonzerne vorgehen zu können, will Robert Habeck jetzt das Kartellrecht verschärfen.
Berlin – Auf ihn wurde wegen stark steigender Preise besonders viel Hoffnung gesetzt, doch inzwischen ist klar, dass der Tankrabatt nicht die erhoffte Wirkung für die Bürger in Deutschland zeigt. Die Steuerentlastungen werden derzeit offenbar nicht in Gänze an die Verbraucher weitergegeben, die inzwischen fast genauso viel an der Zapfsäule zahlen müssen, wie vor dem Tankrabatt für Diesel und Benzin aus dem Entlastungspaket 2022. Im Fokus der Kritik steht derzeit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Nun äußert er einen kühnen Plan und will stärker gegen Ölkonzerne vorgehen – und die Mineralölkonzerne notfalls zerschlagen.
Tankrabatt verpufft: Debatte über Übergewinnsteuer und Kartellrecht läuft
Der Ärger an den Tankstellen hatte in den vergangenen Tagen massiv zugenommen und die Steuersenkung entpuppt sich als Lindners Tankrabatt-Flop: Während der Staat zwar die Steuern auf Mineralöle gesenkt hatte, waren die Spritpreise hoch geblieben. Schnell war die Rede von einer Übergewinnsteuer, um Profiteure des Kriegs in der Ukraine stärker zur Kasse zu bitten. Denn der Verdacht lastet schwer: Die Ölmultis würden einen Teil des Geldes in die eigene Tasche stecken. Zwar ging der Tankrabatt aus dem Entlastungspaket 2022, zu dessen Maßnahmen auch das 9-Euro-Ticket und ein Kinderbonus 2022 zählen, mehrheitlich von den FDP-Politikern aus, doch nun steht insbesondere Bundeswirtschaftsminister Habeck in der Kritik.

Um stärker auf die hohen Benzinpreise und Dieselpreise zu reagieren, schlug SPD-Vorsitzende Saskia Esken zuletzt auch ein befristetes Tempolimit sowie zeitweise Fahrverbote vor. Ein Liter Diesel ist inzwischen nur noch 3,2 Cent billiger als am Tag vor der Absenkung der Steuer um 16,7 Cent. Bei Super E10 sind es laut ADAC-Angaben vom Freitag 20,9 Cent – bei einer Steuersenkung um 35,2 Cent. Politiker von FDP und CDU forderten angesichts der Entwicklung von Habeck, stärker auf die Ölkonzerne zuzugehen und gegebenenfalls härtere Maßnahmen zu ergreifen.
Tankrabatt aus dem Entlastungspaket 2022: Wirkung der Steuersenkung verpufft
Dass der Tankrabatt, den die deutsche Politik als Reaktion auf den Ukraine-Krieg von Wladimir Putin auf den Weg gebracht hat, verpufft, kam für Experten nicht unerwartet. Bereits vor Wochen warnten sie davor, dass Mineralölkonzerne die Marktsituation ausnutzen könnten und die Steuererleichterungen nicht vollständig an die Verbraucher weiterreichen könnten. Das Entlastungspaket 2022, das die Regierung von Olaf Scholz (SPD) auf den Weg gebracht hat, sieht indes auch ein 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr vor. Zudem ist ein Corona-Bonus für Hartz IV, ein Kinderbonus sowie eine Energiepauschale von 300 Euro geplant.
Tankrabatt in der Kritik: Bundespräsident Steinmeier zeigt Verständnis für Unmut
„Ich verstehe den Unmut der Bürger, wenn sich viele einschränken müssen und manche Extragewinne einfahren“, sagte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit der Bild am Sonntag über den Tankrabatt. Den Ärger müsse ernst genommen werden. So wichtig es sei, dass den Bürgerinnen und Bürgern gesagt wird, dass der Staat nicht jede Teuerung ausgleichen könne, so wichtig sei es auch, dass dafür gesorgt wird, dass nicht einige ungerechtfertigt Vorteile aus der Situation ziehen können, so Steinmeier. Indes soll der Bonus für Hartz IV, der ebenfalls von der Bundesregierung beschlossen wurde, wohl im Juli kommen. Wann hingegen der Kinderbonus 2022 auf den Konten der Eltern landet, steht noch nicht fest.
Entgegen der allgemeinen Empörung findet der Tankrabatt ab Juni dennoch großen Zuspruch. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur befürworteten 31 Prozent der Befragten die Senkung voll und ganz. Nur 18 Prozent lehnten die Maßnahme eher ab. Der Verdacht, dass die Ölmultis größere Gewinne einstreichen, steht dennoch im Raum, das bestätigte nun auch Habeck. „Die ersten Datensätze des Bundeskartellamts zum Tankrabatt zeigen, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen sind“, sagte er dem Spiegel. „Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung.“
Habeck will Kartellrecht verschärfen: Zerschlagung von Konzernen soll möglich werden
Als Reaktion auf die Kritik, die er in seiner Rolle als Bundeswirtschaftsminister wegen des Tankrabatts 2022 erfahren musste, kündigte Habeck nun an, in den kommenden Wochen das Kartellrecht erheblich zu verschärfen. Künftig sollen Wettbewerbsbehörden strukturell in Märkte eingreifen dürfen, auch wenn kein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht nachgewiesen wurde. Das Vorgehen steht wohl unabhängig zur viel diskutierten Übergewinnsteuer und soll auch greifen, wenn sich beispielsweise Mineralölkonzerne bei der Preisgestaltung nicht absprechen. Dass es nämlich ein Parallelverhalten bei den Preisen der Anbieter gibt, ist offenkundig.
In einem Papier des Ministeriums steht dazu: „Das heißt, auch ohne eine kartellrechtswidrige Absprache werden die Preise sehr schnell einander angeglichen; ein Missbrauch des Wettbewerbsrechts ist schwer nachweisbar.“ Die geplanten Änderungen sollen „eine missbrauchunabhängige Entflechtungsmöglichkeit“ schaffen. Wie es beim Spiegel heißt, verbirgt sich dahinter eine Umschreibung für eine Zerschlagung. Diese soll allerdings nur die ultima ratio sein. Des Weiteren soll es mit der Änderung des Kartellrechts möglich sein, schneller entstandene Gewinne abzuschöpfen. Diese sollen dann der Staatskasse zugutekommen.
Gegenentwurf zur Übergewinnsteuer wegen Tankrabatt: Habeck will Kartellrecht verschärfen
Robert Habecks Vorschlag eines verschärften Kartellrechts stellt damit ein Gegenentwurf zur Debatte über eine Übergewinnsteuer dar. Zwar würde auch Habeck hinter einem entsprechenden Instrument stehen, allerdings sieht er kaum eine Chance, dass ein entsprechendes Unterfangen einführt werden könnte. Das Kartellrecht scheint indes die Maßnahme der Wahl zu werden und stößt auf die volle Unterstützung des Ministers: „Wer auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher von wettbewerbswidrigem Verhalten profitiert, muss diese Gewinne zurückgeben“, sagte er dem Spiegel.
Während die Politik über die Rettung des Tankrabatts diskutiert, sieht die Opposition die Maßnahme bereits als gescheitert. Dietmar Bartsch, Linksfraktionschef, lehnte zwar Fahrverbote als weitere Verschärfung ab, forderte zugleich aber zeitweise staatliche Höchstpreise an den Zapfsäulen. „Wettbewerb kann darunter stattfinden, zugunsten der Verbraucher und zulasten der Gewinne der Mineralölkonzerne“, sagte der Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Der Tankrabatt sei eine „Megapleite für die Ampel“ und es liege ein komplettes Marktversagen vor, weswegen der Staat nun eingreifen müsse.