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„Grenze zur Demütigung nicht überschreiten“: Kubicki widerspricht Scholz im Fall Schröder

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Von: Florian Naumann, Stephanie Munk, Anna-Katharina Ahnefeld

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Gerhard Schroeder in der HDI Arena beim Spiel Hannover 96 gegen Darmstadt im Februar 2022.
Gerhard Schroeder in der HDI Arena beim Spiel Hannover 96 gegen Darmstadt im Februar 2022. © localpic/Imago

Gerhard Schröder prüft Schritte gegen den Verlust seiner Altkanzler-Privilegien - und wirft beim Ölkonzern Rosneft hin. Der Termin für eine Anhörung in SPD-Parteiordnungsverfahren steht.

Update vom 22. Mai, 6.39 Uhr: FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki hat Forderungen zurückgewiesen, Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) solle weitere Jobs bei russischen Unternehmen abgeben. „Es bedarf keiner weiteren Maßnahme, weder des Ex-Kanzlers noch des Deutschen Bundestages“, sagte Kubicki, der auch Bundestagsvizepräsident ist, den Funke-Zeitungen. „Konsequenzen sind verständlich und nachvollziehbar, die Grenze zur Demütigung sollte aber nicht überschritten werden“, meinte er.

Er widersprach damit unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dieser hatte Schröder aufgefordert, nach der Niederlegung des Aufsichtsratspostens beim russischen Energiekonzern Rosneft weitere Tätigkeiten für Unternehmen aus dem Land einzustellen (siehe vorheriges Update). „Wir nehmen zur Kenntnis, dass es jetzt bei einem passiert, und die anderen müssen auch noch folgen“, sagte Scholz am Samstag im Hildesheim am Rande der SPD-Landesdelegiertenkonferenz. Der Bundeskanzler betonte, Schröder stehe mit seiner Haltung allein für sich.

Nach Rosneft: Scholz fordert Schröder zur Niederlegung weiterer Posten auf

Update vom 21. Mai, 15.13 Uhr: Nach der Niederlegung des Aufsichtsratsposten beim russischen Energiekonzern Rosneft fordert Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Altkanzler Gerhard Schröder auf, weitere Tätigkeiten für Unternehmen aus dem Land einzustellen. „Wir nehmen zur Kenntnis, dass es jetzt bei einem passiert und die anderen müssen auch noch folgen“, sagte Scholz am Samstag im Hildesheim am Rande der SPD-Landesdelegiertenkonferenz. Der Bundeskanzler betonte, Schröder stehe mit seiner Haltung allein für sich.

Rosneft hatte am Freitag mitgeteilt, dass Schröder seine Amtszeit als Aufsichtsratschef nicht verlängern werde. Schröder ist auch noch für den Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Gazprom nominiert und für die Gazprom-Tochtergesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2 als führender Lobbyist tätig.

Update vom 21. Mai, 11.10 Uhr: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat Gerhard Schröders Niederlegung seines Aufsichtsratspostens beim russischen Energiekonzern Rosneft als zu späten Schritt kritisiert. Die Entscheidung des SPD-Altkanzlers sei „wohl nicht ganz zufällig“ gefallen, sagte Kühnert der Rheinischen Post - offensichtlich meint Kühnert damit den Druck von Bundesregierung, Bundestag und EU-Parlament auf Schröder. „Leider viel zu spät.“

Zur konkreten Forderung des EU-Parlaments nach Sanktionen gegen Schröder hielt sich Kühnert aber bedeckt. „Ich habe keinen Anlass, eine schützende Hand über ihn zu halten. Wenn es klare, objektive Kriterien für Sanktionslisten gibt, dann gelten die natürlich für alle. Ob das hier der Fall ist, müssen andere bewerten.“

Der grüne Europa-Abgeordnete Reinhard Bütikofer sagte dem Handelsblatt: „Mit Halbheiten werden weder Herr Schröder noch die SPD diese Angelegenheit hinter sich lassen können.“ Dem Kanzler warf er vor, Klartext zu verweigern. „Die Äußerungen von Scholz zur Causa Schröder zeigen Zögerlichkeit.“ Und: „Scholz spricht da mehr als SPD-Mann und weniger als Kanzler.“

Parteiausschluss vom Schröder? Erste Anhörung steht an - Auch Altkanzler eingeladen

Update vom 20. Mai, 15.45 Uhr: Im SPD-Parteiordnungsverfahren wegen der Russland-Verbindungen von Altkanzler Gerhard Schröder findet am 15. Juni eine erste mündliche Anhörung statt. Er habe alle Beteiligten einschließlich Schröder über den Termin informiert, sagte der leitende Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover, Christoph Matterne, am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Demnach haben bisher 14 SPD-Gliederungen ein Parteiordnungsverfahren beantragt, das bis zum Parteiausschluss des früheren Bundeskanzlers führen könnte.

Matterne konnte keine Einschätzung dazu abgeben, ob Schröders am Freitag bekannt gewordene Entscheidung, sich aus dem Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft zurückzuziehen, Einfluss auf das Verfahren haben werde. Dies müsse die zuständige Schiedskommission entscheiden, sagte er. Diese werde sich sicher dazu beraten.

Unklar ist laut Matterne auch noch, ob Schröder selbst an der mündlichen Anhörung teilnehmen wird. Er könnte sich demnach den geltenden Bestimmungen zufolge auch durch einen juristischen Beistand mit SPD-Mitgliedschaft vertreten lassen. Matterne ging davon aus, dass der 15. Juni alleine für die Anhörung nicht ausreichen wird. Er habe deshalb bereits für den 22. Juni zu einer weiteren Anhörung eingeladen.

Schröder paradox: Altkanzler will gegen Sanktionen vorgehen – und wirft bei Putin-Konzern hin

Erstmeldung vom 20. Mai, 13.30 Uhr:

Hannover – Der Bundestag hatte Gerhard Schröder indirekt für seine russlandnahe Haltung sanktioniert. Der Altkanzler gibt allerdings nicht kampflos klein bei: Schröder lässt die im Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossene Streichung seiner Altkanzler-Privilegien juristisch überprüfen.

Auch eine zweite, eher unerwartete Neuigkeit gab es von Schröder am Freitag: Der frühere SPD-Kanzler will den Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft verlassen. Schröder, der Rosneft-Aufsichtsratschef ist, habe mitgeteilt, dass es ihm unmöglich sei, sein Mandat in dem Gremium zu verlängern, teilte der Konzern am Freitag mit. Details wurden nicht genannt. Mit Schröder verlässt demnach auch der deutsche Geschäftsmann Matthias Warnig den Aufsichtsrat.

Gerhard Schröder lässt Streichung seiner Privilegien prüfen – und wirft bei Rosneft das Handtuch

Kurz zuvor hatte Rechtsanwalt Michael Nagel einen Bericht des Spiegel bestätigte, wonach Schröder eine juristische Überprüfung der Aberkennung seiner Privilegien einleitet. „Ich bitte um Verständnis, dass darüber hinausgehende Fragen zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden“, sagte der Jurist der dpa. Nagel hatte auch Christian Wulff im Prozess um Vorteilsnahme verteidigt, der Ex-Bundespräsident wurde Anfang 2014 freigesprochen.

Am Donnerstag hatte der Haushaltsausschuss in Berlin für die Abwicklung des Altkanzler-Büros votiert. Die Zustimmung zu einem entsprechenden Antrag der Ampel-Koalition ist der vorläufige Höhepunkt der Ächtung des früheren SPD-Chefs wegen seiner anhaltenden Verbindungen zu Russland.

Schröder soll Büro verlieren - offizielle Begründung hat mit Russland und Ukraine-Krieg nichts zu tun

Aus rechtlichen Gründen wurde die Streichung des Büros allerdings nicht mit Schröders Russland- und Putin-Beziehungen begründet. Vielmehr wird laut dem Ampel-Antrag die finanzielle Unterstützung davon abhängig, ob frühere Top-Politiker tatsächlich noch Aufgaben übernehmen. Schröder nehme keine Verpflichtungen aus seiner Zeit als Bundeskanzler mehr war, hieß es.

Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der frühere Kanzler dem Beschluss zufolge aber weiterhin. Gerhard Schröder äußerte sich selbst zunächst nicht zu der Sache. (dpa/aka)

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