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Militärexperte mit düsterer Prognose: „Die nächsten Ziele dürften baltische Staaten, Polen, die Tschechei sein“

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Von: Sven Hauberg

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 Das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik veröffentlichte Bild zeigt Wladimir Putin, Präsident von Russland, bei einer Kranzniederlegung am Grab des Unbekannten Soldaten in der Nähe der Kremlmauer während der nationalen Feierlichkeiten zum «Tag der Vaterlandsverteidigung».
Wladimir Putin am Tag vor dem Einmarsch in der Ukraine: Was plant der russische Präsident wirklich? © Alexei Nikolsky/Pool Sputnik Kremlin/dpa

Greift Putin nur nach der Ukraine - oder hat er auch Mitgliedsstaaten der Nato im Visier? Ein Militärexperte hält eine weitere Eskalation des Konflikts für möglich.

Kiew - Tagelang hatte Wladimir Putin* beteuert, er plane nicht, die Ukraine* anzugreifen. Am frühen Donnerstagmorgen (24. Februar) brach Russlands Präsident dieses Versprechen. Auch wenn die Lage noch unübersichtlich ist: Russland greift die Ukraine offenbar vom Norden, Osten und Süden aus an*. Der Schweizer Militärexperte Albert Stahel glaubt, dass Putin damit das Ziel verfolgt, „innerhalb kürzester Zeit das Land unter seine totale Kontrolle zu bringen“.

Die russischen* Truppen würden zunächst wichtige Infrastruktur zerstören oder unschädlich machen, etwa Flughäfen und militärische Einrichtungen. „Das geschieht zunächst vor allem durch Raketenangriffe aus der Luft“, sagte Stahel Focus Online. „Dann rücken Panzer und Bodentruppen nach, was ja schon an verschiedenen Stellen passiert ist, etwa von Belarus aus, im Süden bei Odessa und in den Separatistengebieten im Donbass.“

Russische Invasion: Putin beschimpft ukrainische Regierung als „volksfeindliche Junta“

In einem zweiten Schritt folge eine „Phase der Einschüchterung“, mit dem Ziel, den Widerstand der Ukraine zu brechen. Der Kreml werde versuchen, die Verkehrsinfrastruktur der Ukraine zu zerstören und die Führung in Kiew zu „eliminieren“, so Stahel. Putin hatte die ukrainische Regierung um Präsident Wolodymyr Selenskyj* in seiner am frühen Morgen im russischen Fernsehen übertragenen Ansprache* als „volksfeindliche Junta, die die Ukraine ausraubt und genau dieses Volk schikaniert“, bezeichnet. Ähnliche Worte hatte in der Nacht der russische UN-Vertreter Sergej Werschinin in einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gewählt*.

Seinen Kriegsplan, so der Militärexperte Stahel, müsse Putin in wenigen Tagen umsetzen, um Erfolg zu haben. „Putin kann und will sich keinen langen Krieg leisten, ein Grund mehr, dass alles sehr schnell mit massiven Schlägen am Anfang abläuft.“ Aber wäre die russische Aggression damit gestoppt? Der russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin nannte eine vollständige Entmilitarisierung der Ukraine als Ziel des Angriffs*. Dies sei der einzige Weg, einen Krieg in Europa zu vermeiden, schrieb Wolodin am Donnerstag auf dem Messengerdienst Telegram.

Russische Invasion: Greift Putin die Nato an?

Experte Stahel schließt „in dieser Phase“ einen Angriff auf Nato-Gebiet aus. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg* sagte am Donnerstagmittag, es gebe keine Hinweise darauf, dass russische Truppen das Territorium des Sicherheitsbündnisses betreten hätten. Stahel glaubt aber auch, dass Putin nicht an der Grenze der Ukraine Halt machen werde. „Die nächsten Ziele dürften die baltischen Staaten, Polen*, die Tschechei sein.“ Putin wolle „Teile von Osteuropa zurückholen und die Amerikaner aus Europa rausschmeißen“.

Sollte Russland tatsächlich einen oder mehrere Nato-Staaten angreifen, würde der Bündnisfall in Kraft treten. Dazu heißt es in Artikel 5 des Nordatlantikvertrags: „Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird.“ Während viele Experten und westlichen Politiker davon ausgehen, dasss Putin vor einem solchen Schritt zurückschrecken werde, hält ihn Stahel in einer weiteren Phase des Konflikts für möglich. Laut dem Militärexperten könnte der Kreml dabei sogar Nuklearwaffen einsetzen.

Russische Invasion: Putin mit düsterer Drohung

Stahel bezieht sich mit seiner Prognose auf einen besonders düsteren Teil von Putins* Rede. Darin hatte der russische Präsident gesagt: „Wer auch immer versucht, sich bei uns einzumischen, geschweige denn unser Land und unser Volk zu gefährden, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben.“ Für Stahel war diese Drohung „ein klarer Hinweis auf sein Nuklearwaffenarsenal, über das er verfügt und das er einsetzen könnte“. (sh) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

 

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