Spitzenrating weg: Berlin reagiert gelassen
Berlin - Bloß keine Aufregung: Die Bundesregierung macht deutlich, dass sie den Zweifeln an Deutschlands Spitzenrating keine große Bedeutung beimessen will. Für Unruhe sorgt ein anderer.
Kanzlerin Angela Merkel hat mit demonstrativer Gelassenheit auf die Zweifel der Ratingagentur Moody's am deutschen Spitzenrating reagiert. “Die Bundesregierung nimmt das zur Kenntnis. Die Einschätzung betrifft ein Land, von dem man sich Hilfe erhofft“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. “Die Bundeskanzlerin hat mehrfach betont, dass die Kraft Deutschlands nicht unbegrenzt ist.“
Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) geriet wegen seiner Aussagen zum Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone heftig in die Kritik. SPD und Grüne warfen dem FDP-Chef vor, er habe die Kreditwürdigkeit Deutschlands in Gefahr gebracht. Rösler hatte sich am Sonntag in der ARD “mehr als skeptisch“ gezeigt, dass Griechenland die Reformauflagen erfüllen könne und erklärt, für ihn habe ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone “längst seinen Schrecken verloren“.
Was machen Ratingagenturen eigentlich genau?
Am Montagabend hatte die Ratingagentur Moody's den Ausblick für Deutschland gesenkt und dies mit steigender Unsicherheit über den Ausgang der Schuldenkrise begründet. Die SPD führte das auch auf das “unverantwortliche Gequatsche des Vizekanzlers“ zurück, Haushaltsexperte Carsten Schneider legte Merkel sogar den Rausschmiss Röslers nahe: “Wenn der vereidigte Wirtschaftsminister Deutschlands Steuergelder so unverantwortlich gefährdet, müsste die Kanzlerin ihn entlassen.“
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte dem “Hamburger Abendblatt“, Röslers Gerede lasse die Zinsen steigen “und kostet Deutschland Geld und möglicherweise auch die Kreditwürdigkeit“. Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Klaus-Peter Flosbach, sagte “Handelsblatt Online“, er rate allen zu mehr Verantwortung. Der FDP-Europapolitiker Jorgo Chatzimarkakis erklärte im griechischen Fernsehen, er schäme sich für das, was sein Parteichef gesagt habe.
Rösler selbst versicherte, die deutsche Wirtschaft sei weiterhin strukturell in sehr guter Verfassung. Auf europäischer Ebene bestünden die bekannten Risiken. “Aber wir sind vom mittel- bis langfristigen Erfolg der umfangreichen eingeleiteten Maßnahmen zur Vertiefung der Stabilitätsunion überzeugt“, sagte der Vizekanzler der “Rheinischen Post“ (Mittwoch).
Das Bundesfinanzministerium kritisierte die Bewertung der Ratingagentur als einseitig und versicherte: “Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum in Deutschland sind solide.“ Moody's habe vor allem die kurzfristigen Risiken in den Vordergrund gestellt, “während längerfristige Stabilisierungsaussichten unerwähnt bleiben“. Deutschland erwarte ab 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die Kapitalisierung des Bankensektors habe sich deutlich verbessert.
Koalitionspolitiker werteten die Einschätzung der Ratingagentur als Beweis dafür, dass die Euro-Krisenländer vom vereinbarten Reformkurs nicht abweichen dürften. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte der Tageszeitung “Welt“ (Mittwoch): “Vertrauen gewinnt die Eurozone als Ganzes nur zurück, wenn die Nehmerländer ihre Reformzusagen einhalten.“
dpa