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IS-Kreise: Nizza-Attentäter ein "Soldat" der Terrormiliz

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Die französische Regierung geht davon aus, dass sich der Attentäter von Nizza sehr schnell radikalisiert hat. © AFP/Polizei

Nizza - Der Attentäter von Nizza soll ein „Soldat“ des Islamischen Staats gewesen sein. Das verbreitet zumindest eine der Terrormiliz nahestehende Nachrichtenagentur. Womöglich habe sich der zuvor unauffällige Mann sehr schnell radikalisiert, glaubt man in Paris.

Update: Alle Informationen zum Nizza-Anschlag im News-Ticker.

Der Islamische Staat (IS) ist nach Angaben aus Kreisen, die der Terrormiliz nahestehen, für den Anschlag in Nizza verantwortlich. Der Attentäter sei „ein Soldat des IS“ gewesen, verbreitete die der Terrormiliz nahestehende Nachrichtenagentur Amak am Samstag im Internet. Der Angriff sei eine Folge des IS-Aufrufs, Angehörige der Anti-IS-Koalition anzugreifen, hieß es weiter. Die Echtheit der Erklärung ließ sich nicht unabhängig überprüfen. Auch der IS-Radiosender Al-Bajan verbreitete am Samstag die Nachricht und drohte westlichen Staaten mit weiteren Anschlägen.

Die französischen Behörden hatten zunächst keine Hinweise, dass der 31 Jahre alte Lieferant Mohamed Lahouaiej-Bouhlel in Verbindung mit Islamisten stand. Innenminister Bernard Cazeneuve sagte aber am Samstag, er könne sich sehr schnell radikalisiert haben. Menschen, die für die Botschaften der Terrormiliz IS zugänglich seien, ließen sich für extrem brutale Aktionen gewinnen, ohne unbedingt dafür ausgebildet worden zu sein, sagte Cazeneuve laut französischer Nachrichtenagentur AFP am Samstag.

Der Tunesier war während des Feuerwerks zum französischen Nationalfeiertag am Donnerstagabend mit einem Laster in die Menge gerast. Mindestens 84 Menschen starben, über 200 wurden verletzt. 16 Todesopfer konnten bis Samstag nicht identifiziert werden. Auf der Promenades des Anglais, die am Strand von Nizza entlang führt, konnte er erst nach zwei Kilometern gestoppt werden.

Nizza-Anschlag: Terror oder Amokfahrt?

Die Straße war zwar während der Feiern von Streifenwagen der Polizei blockiert. Der Mann sei mit seinem gemieteten 19-Tonnen-Lastwagen aber einfach über den Bürgersteig gefahren, teilte die Präfektur des Départments Alpes-Maritime am Samstag mit. Am Steuer beschleunigte der Mann dann und fuhr Zickzack, um möglichst viele Menschen zu treffen. Er wurde von der Polizei erschossen. Zwischen dem Eindringen in die Zone und dem Ende der Fahrt sollen nur 45 Sekunden vergangen sein.

Ein Schweizer Forschungsinstitut widersprach am Samstag einer Einstufung der Tat als Terrorismus. Es handele sich um einen Amoklauf, schrieb das Basel Institute of Commons and Economics. „Die zahlreichen Amokläufe von europäischen und US-Bürgern in den USA, Frankreich und Belgien sind keine Taten des „internationalen Terrorismus“, sondern Einzeltaten ohne eine konkrete politische Forderung oder ein politisches Ziel“, schrieb das Institut. Die Erhebung von „tragischen Amokläufen“ zu politischen Taten ermuntere Nachahmer.

In ganz Frankreich begann am Samstag eine dreitägige Staatstrauer. Präsident François Hollande beriet mit seinem Sicherheitskabinett. Am Montagmittag soll es eine Schweigeminute geben.

Nach Angaben seiner Familie war der Tunesier schon vor seiner Bluttat gewalttätig gewesen. „Er schlug seine Frau, also meine Cousine, er war ein Mistkerl“, berichtete ein Familienmitglied der britischen Zeitung „Daily Mail“. „Er trank Alkohol, er aß Schweinefleisch und er nahm Drogen.“ Der 31-Jährige sei kein Muslim gewesen. Bereits zuvor hatte der Vater berichtet, dass sein Sohn früher wegen psychischer Probleme ärztlich behandelt worden sei.

Unter den Opfern von Nizza sind mehrere Ausländer. Am Samstag wurden auch noch zwei Schülerinnen und eine Lehrerin der Paula-Fürst-Schule in Berlin vermisst, die in Nizza auf Klassenfahrt waren. Im Auswärtigen Amt hieß es, möglicherweise werde es noch längere Zeit dauern, bis über das Schicksal der vermissten Deutschen Klarheit bestehen werde.

Innenminister Bernard Cazeneuve sprach am Samstag nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts in Paris von einem "neuartigen Anschlag", der die "extremen Schwierigkeiten im Kampf gegen den Terrorismus" zeige.

Eine Mitgliedschaft des Täters in der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat bestätigte Cazeneuve nicht. Der Tunesier sei aber ein Beispiel für "Einzelpersonen, die empfänglich für die Botschaften des IS sind und äußerst gewaltsame Taten begehen, ohne notwendigerweise an Kämpfen teilgenommen zu haben oder ausgebildet worden zu sein". Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian fügte hinzu, der IS habe die Tat mit seinen Appellen womöglich inspiriert.

Der Täter hatte am Donnerstagabend während der Feierlichkeiten zum französischen Nationalfeiertag in Nizza einen Lastwagen in die Menge gelenkt und mindestens 84 Menschen getötet. Der IS beanspruchte den Anschlag am Samstag für sich.

afp

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