„Von der Liebe ist nicht viel übrig“: NRW-Wahlsieger CDU erzürnt FDP – Laschet feiert mit Wüst
Für reichlich Zündstoff ist bei der NRW-Wahl gesorgt: Die CDU gewinnt, steht aber vor einem Problem - der bisherige Partner FDP ist verschnupft. Die Reaktionen im Ticker.
- Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen: Der Urnengang im bevölkerungsstärksten Bundesland wird auch in Berlin genau beobachtet.
- Das Ergebnis aus NRW lieferte eine Überraschung: Die CDU gewann deutlich - pulverisierte aber ihren Koalitionspartner geradezu. Die Bundes-SPD setzte zunächst scheint ungerührt auf Rot-Grün.
- Die FDP zeigte sich am Sonntagabend erschüttert über einen „grauenvollen Abend“, aber auch verschnupft.
- In diesem News-Ticker halten wir Sie über die wichtigsten Reaktionen zur NRW-Wahl auf dem Laufenden.
Update vom 15. Mai, 0.23 Uhr: Der Wahlabend in Nordrhein-Westfalen ist vorüber – als Sieger darf sich die CDU fühlen. Die Konservativen müssen zwar noch eine nicht ganz einfache Koalitionsbildung mit Grünen oder SPD bewältigen, aber ihr Sieg an der Wahlurne ist unumstritten. Der Ausgang könnte mittelbar Konsequenzen auch Auswirkungen auf die Bundespolitik haben: Die Grünen wirken als Ampel-Könige – und Schwarz-Grün als Erfolgsmodell.
Über alle weiteren Entwicklungen halten wir Sie ab dem frühen Montagmorgen in unserem News-Ticker zur NRW-Wahl auf dem Laufenden.
Update vom 15. Mai, 22.15 Uhr: CDU-Spitzenkandidat Hendrik Wüst spricht in diesen Minuten vor den Wahlkämpfern seiner Partei von einem „glasklaren Regierungsauftrag“. Mit Wüst auf der Bühne steht Vorgänger Armin Laschet. Wüst gratuliert explizit den Grünen, vermeidet aber ein Koalitionsbekenntnis: Ziel sei es, „eine stabile Regierung zu bilden“, er wolle mit „allen demokratischen Parteien“ im Parlament sprechen, betont der Ministerpräsident – das wären nach aktuellen Hochrechnungen SPD, Grüne und FDP. Mit den Liberalen gäbe es allerdings keine Mehrheit.
Auch Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur vermeidet im WDR eine klare Koalitionsaussage. Der Frage „wofür ihr Herz schlägt“, weicht Neubaur aus: „Mein Herz schlägt für Düsseldorf am Rhein“, sagt sie. Für eine Richtungsvorgabe sei es zu früh.
NRW-Wahl: FDP sauer auf Wahlsieger CDU – „Von der Liebe ist nicht viel übrig“
Update vom 15. Mai, 21.08 Uhr: Die CDU ist der klare Sieger der NRW-Wahl: Gut neun Prozentpunkte sehen Hochrechnungen die Partei von Spitzenkandidat Hendrik Wüst zur Stunde vor der SPD - damit war nach den jüngsten Wahlumfragen und einem zwischenzeitlichen Einbruch der Christdemokraten im Oktober 2021 nicht unbedingt zu rechnen.
Allerdings braucht die CDU wohl mindestens zwei Koalitions-Parteien. Und der bisherige Partner, die FDP, erhebt am Wahlabend Vorwürfe. „Wir haben gesehen, dass unser Koalitionspartner sehr viele Erfolge für sich reklamiert hat, die letztendlich auf unsere Verantwortung gehen“, sagte ihr Spitzenkandidat Joachim Stamp beim TV-Sender Phoenix: „Da ist dann im Wahlkampf von der vielbeschworenen schwarz-gelben Liebe nicht mehr so viel übrig geblieben - das nehmen wir auch zur Kenntnis.“
Wüst dankte in einer ersten Reaktion am Abend den Liberalen hingegen. „Wir haben in den letzten Jahren unser Land gut regiert und gut voran gebracht“, sagte Wüst mit Bezug auf die FDP. Man habe „in einem freundschaftlichen und verlässlichen Verhältnis“ zusammengearbeitet. Stamp rechnete indes mit einem Abgang der FDP aus der Regierungsverantwortung. „Wir haben zwei klare Wahlgewinner und ich gehe davon aus, dass die beiden auch miteinander koalieren werden“, sagte der FDP-Landesvorsitzende im WDR. Dabei deutete er auf die beiden Spitzenkandidaten von CDU und Grünen, Wüst und Mona Neubaur.

NRW-Wahl trifft SPD und FDP hart: Grüne haben sogar Mitleid - „Grauenvoller Abend“
Update vom 15. Mai, 19.20 Uhr: Bei SPD, FDP, Linke und AfD ist früh am NRW-Wahlabend das Stirnrunzeln bereits groß. Alle vier Parteien haben den aktuellen Hochrechnungen zufolge spürbar verloren – besonders deutlich die FDP mit mutmaßlich rund sieben Prozentpunkten Minus. Die Liberalen müssen sogar um den Wiedereinzug in den Landtag bangen.
FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann spricht im ZDF von einem miserablen Ergebnis ihrer Partei, in der ARD von einem „grauenvollen Abend“. „Es ist völlig klar, dass wir hier so nicht zur Tagesordnung übergehen können“, sagte indes Spitzenkandidat Joachim Stamp. Mitleid gab es von den Grünen: „Ich wünsche der FDP heute Abend, dass sie im Landtag in Nordrhein-Westfalen als demokratische Kraft drin bleibt“, sagte Bundestags-Fraktionschefin Britta Haßelmann.
SPD-Parteichef Lars Klingbeil wies nach dem wohl historisch schlechtesten SPD-Ergebnis in NRW die Schuld indirekt dem Landesverband zu. Es sei seinem Eindruck nach im Wahlkampf eher um landespolitische Entscheidungen als um Bundespolitik gegangen, sagte er im ZDF. Spitzenkandidat Thomas Kutschaty bemühte sich um Gelassenheit - und wollte die Tür zu einer Ampel-Koalition oder Rot-Grün zumindest nicht voreilig zuschlagen. „Wir werden uns Gesprächen nicht verschließen“, sagte er vor Anhängern in Düsseldorf.
Die Linke verpasst einmal mehr den Einzug in den NRW-Landtag, diesmal mit gut zwei Prozent besonders deutlich. „Die Partei ist momentan in einer schwierigen Situation“, räumte Partei-Vorsitzende Janine Wissler im Zweiten ein. AfD-Sprecher Tino Chrupalla hatte an selber Stelle eine Aufarbeitung versprochen, aber auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen ins Visier genommen: Dort seien „alternative Stimmen nicht gewünscht“, behauptete er; die AfD habe es deshalb schwerer „als andere kleine Parteien“.
Update vom 15. Mai, 18.34 Uhr: Grünen-Chefin Ricarda Lang bleibt zurückhaltend in Sachen NRW-Koalitionen. „Es geht nicht darum ‚Hauptsache regieren‘, sondern es geht um ‚mit den richtigen Inhalten regieren‘“, sagt sie im ZDF. Zumindest eine kleine Präferenz für ein mögliches Bündnis mit der SPD ließ sie aber durchblicken: „Unentscheidend“ sei es natürlich nicht, wer der Koalitionspartner sei.
Die Grünen dürften in Nordrhein-Westfalen zum Zünglein an der Waage werden. Ohne die Partei ist nur eine Mehrheits-Variante denkbar: Eine große Koalition aus CDU und SPD. Rot-Grün fehlt nach aktuellen Hochrechnungsdaten allerdings ein Sitz zur Mehrheit.
Vorsichtig bleibt auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Wir haben diese Wahl verloren. Union und Grüne haben gewonnen, die müssen daher auch zuerst die Gespräche führen. Alles andere kommt danach“, sagt er in der ARD. „Vielleicht reicht es ja noch ganz knapp für Rot-Grün“, fügte er hinzu. „Aber das ist jetzt nicht der Moment, wo wir darüber spekulieren, was wir schon wieder für Regierungen bilden.“ Erstmal müsse man die Niederlage akzeptieren.
NRW-Wahl: Kühnert steuert brisantes Koalitions-Konstrukt an – Spahn attestiert „Schock“
Update vom 15. Mai, 18.15 Uhr: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bereitet offenbar bereits die Option einer rot-grünen Koalition in NRW vor. „Schwarz-Gelb ist abgewählt“, sagt er im Ersten. Ein Bündnis aus SPD und Grünen sei im Land beliebt, wenn es die Möglichkeit gebe, müsse man entsprechend sondieren. Dass eine zweitplatzierte Partei eine Koalition anführt „wäre auch kein Novum“, meint Kühnert. Das Wahlergebnis spiegele zudem weniger eine Niederlage der SPD, denn eine Wahlkampagne der CDU auf Kosten des Koalitionspartners FDP.
Ex-CDU-Minister Jens Spahn kontert kühl: Er attestiert Kühnert einen „Schock“ angesichts des schwachen SPD-Ergebnisses. Kühnert führe „Verrenkungen“ auf, um die SPD besser dastehen zu lassen.
Nach den ersten NRW-Hochrechnungen hat die CDU die Wahl gewonnen, eine Landtags-Mehrheit für SPD und Grüne scheint aber möglich - insbesondere, falls FDP und/oder AfD die Fünfprozenthürde verpassen.
NRW-Wahl: Ukraine-Ärger und Koalitions-Knatsch für Scholz und Co.? CDU und SPD drohen heiße Tage
Vorbericht: München/Düsseldorf – Nordrhein-Westfalen wählt einen neuen Landtag. Und anders als bei den vorangegangenen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Saarland ist Umfragen zufolge ein enges Rennen um den Wahlsieg zu erwarten. Durchaus möglich, dass das Wahlergebnis aus NRW Schock- oder Empörungswellen bis ins politische Berlin sendet.
NRW-Wahl: Scholz und Merz blicken nach Düsseldorf – Abstimmung nicht nur über Wüst und Kutschaty
Zum einen ist das Ministerpräsidentenamt im bevölkerungsstärksten Bundesland symbolisch wichtig. Der Verlust der CDU-Macht in Düsseldorf wäre ein unangenehmer Rückschlag für den immer noch recht frisch gewählten Parteichef Friedrich Merz. Für die SPD gilt Nordrhein-Westfalen ohnehin als „Herzkammer“. Von 1966 bis 2005 amtierten in Düsseldorf Sozialdemokraten als Landesväter; 2010 bis 2017 folgte mit Hannelore Kraft auch eine SPD-Frau als Chefin in der Staatskanzlei.
Die alten – und in NRW immer noch im Saft stehenden – „Volksparteien“ spüren also Druck. Und natürlich könnte das Votum der rund 13 Millionen Wahlberechtigten auch bundespolitische Debatten befeuern. Die Ukraine-Politik dominierte zuletzt die Nachrichten in Deutschland. Merz versuchte Kanzler Olaf Scholz (SPD) unter anderem mit einer Kiew-Reise in Zugzwang zu bringen. Ein deutlicher NRW-Sieg könnte seine Standpunkte stützen.
Wahl in NRW: Reaktionen auf den Ausgang – droht ein Koalitions-Eklat?
Zusätzliche Brisanz bringen Koalitions-Zahlenspiele in die Landtagswahl. Denn einerseits hatte die CDU kurz vor dem Wahltag in den Umfragen einen kleinen, aber stabilen Vorsprung. Andererseits aber könnte für SPD und Grüne eine Mehrheit herausspringen, in jedem Fall aber für eine Ampel. Also eine Regierung ganz ohne den möglichen Wahlsieger CDU.
Eine Regierungsbildung gegen den Wahlsieger wäre zwar ein kleiner Affront. Dennoch könnte er im Bereich des Möglichen liegen. Eine rot-grüne Koalition wäre für SPD wie für die Grünen eine naheliegende Variante. Die CDU andererseits kann ihr Bündnis mit der FDP wohl nicht weiterführen – und muss entsprechend Grüne oder SPD auf ihre Seite ziehen, um eine Mehrheit zu finden. Der Zorn bei den Christdemokraten wäre aber wohl groß, würde Spitzenkandidat Hendrik Wüst trotz Wahlsieg leer ausgehen.
Zugleich hat die NRW-Wahl für den Bundesrat große Bedeutung. Sechs Stimmen hat Nordrhein-Westfalen in der Länderkammer. Fliegt die CDU in Düsseldorf aus der Landesregierung, könnte im Herbst bei der nächsten Landtagswahl – bei der Landtagswahl in Niedersachsen – gar ein kleiner Gau für die Konservativen folgen: Mit einem weiteren Flop würden CDU und CSU dann weniger als die Hälfte der Stimmen in der zweiten Kammer (mit-)kontrollieren. Das bedeutete zwar qua mehrerer Regierungsbeteiligungen der Linken noch keine Ampel-Mehrheit im Bundesrat. Aber in jedem Fall einen herben Bedeutungsverlust für die Union. (fn)
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