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Nizza-Anschlag: Das wissen wir über den Amokfahrer

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Von: Maximilian Kettenbach

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Mohamed Lahouaiej-Bouhlel
Mohamed Lahouaiej-Bouhlel. © AFP

Nizza - 84 Menschen sind gestorben, weil Mohamed Lahouaiej-Bouhlel sie mit einem LKW überfahren hat. Während Frankreich trauert, arbeiten die Ermittler fieberhaft daran, die Tat aufzuklären. An erster Stelle steht die Frage: Wer ist der Attentäter?

84 Menschen mussten am Donnerstagabend bei dem Anschlag in Nizza sterben, 303 wurden verletzt. Fast 20 Personen davon rangen am Montag noch mit dem Tod. Und das, weil sie Mohamed Lahouaiej-Bouhlel einfach mit einem LKW überfuhr. Die Angehörigen trauern, die Polizei ermittelt. Langsam wird das Bild des Attentäters klarer. Doch vieles wissen wir noch immer nicht (Alle Informationen in unserem Live-Ticker).

Nizza-Attentäter: Wer ist Mohamed Lahouaiej-Bouhlel?

Mohamed Lahouaiej-Bouhlel war ein 31-jähriger Tunesier, der in der Stadt M'saken im Nordosten Tunesiens geboren wurde. Er lebte seit 2005 in Frankreich. Sein Wohnort befand sich in Nizza. Laut den Behörden war er polizeilich bekannt, allerdings eher wegen kleinerer Delikte. Wenige Monate vor dem Attentat am Nationalfeiertag soll er wegen einer gewalttätigen Auseinandersetzung zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden sein.

Auch gegenüber seiner franco-tunesischen Ehefrau soll Mohamed Lahouaiej-Bouhlel einst gewalttätig geworden sein. Sie trennte sich aus diesem Grund mit den drei Kindern vor gut 18 Monaten von ihm. Der Vater des Attentäters berichtet von psychischen Problemen, wegen derer sich sein Sohn früher in Tunesien behandeln ließ. Medien berichten, er habe kurz vor der Tat sein Konto geleert und 100.000 Euro an seine Familie in Tunesien geschickt. Er wurde nach der Todesfahrt mit dem Lkw durch eine Kugel der französischen Polizei getötet.

Nizza-Attentäter: Was war das Motiv von Mohamed Lahouaiej-Bouhlel?

Das ist im Moment das größte Rätsel für die Ermittler. Laut Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve soll sich Lahouaiej-Bouhlel in kurzer Zeit islamistisch radikalisiert haben. Er habe auch aufgehört, Alkohol zu trinken, berichtete die Zeitung Le Parisien. Cazeneuve spricht von einem "neuen Attentatstypus." In seiner Wohnung fand man nach der Tat kein Bekenntnis zum Islamischen Staat. Auch Hinweise für einen Kontakt in den IS fehlen (bislang). Vielleicht mischte sich der Frust über die Trennung von seiner Frau mit dem labilen Charakter, um ihn in kürzester Zeit für die Hasspropaganda des IS zu begeistern. Cazeneuve nannte ihn ein Beispiel für "Einzelpersonen, die empfänglich für die Botschaften des IS sind und äußerst gewaltsame Taten begehen, ohne notwendigerweise an Kämpfen teilgenommen zu haben oder ausgebildet worden zu sein"

Nizza-Attentäter: Ist Mohamed Lahouaiej-Bouhlel ein vom IS gesandter islamistischer Terrorist?

Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit: nein. Anders als die Terroristen der Pariser Anschläge im Januar und im November 2015 war Lahouaiej Bouhlel den Sicherheitsbehörden nicht als radikalisierter Muslim bekannt. Über das Wochenende hatte sich dann aber deutlich ein islamistischer Hintergrund der Tat abgezeichnet. Allerdings kann die Tat auch als Ausführung der Forderung von IS-Sprecher Abu Mohammad al-Adnani angesehen werden. Der befahl den Muslimen im Jahr 2014, „Ungläubige“ rund um den Erdball zu ermorden. „Tut alles, was euch möglich ist, um jene zu töten, die euren Glauben nicht teilen“, hieß es in der Audiobotschaft. Ein direkter Kontakt zum IS ist dazu nicht nötig. Diesem Aufruf könnte Lahouaiej-Bouhlel gefolgt sein. Anschläge diese Art sind für die Sicherheitskräfte schwierig zu verhindern. 

Einziger Hinweis derzeit ist die Auswertung von Lahouaiej-Bouhlels Telefonkontakten. Laut Ermittlerkreisen soll er kurz vor seinem Anschlag noch eine SMS-Nachricht abgesetzt haben. In dieser soll er weitere Waffen gefordert haben. Mehr als 200 Ermittler werten die Kurznachrichten des Mannes aus. 

Nizza-Attentäter: Ist Mohamed Lahouaiej-Bouhlel ein Einzeltäter?

Am Sonntagabend saßen laut Nachrichtenagentur AFP sieben Personen aus dem Umfeld des Tunesiers in Polizeigewahrsam. Seine Ehefrau wurde bereits wieder entlassen. Ein Albaner soll dem Attentäter eine Pistole Kaliber 7.65 besorgt haben. In den Telekommunikationsdaten fanden die Ermittler offenbar Verbindungen zu Omar Diaby. Er soll den Behörden aus der Dschihadisten-Szene von Nizza bekannt sein.

Nizza-Attentäter: Wie hat Mohamed Lahouaiej-Bouhlel den Anschlag geplant?

Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Attentäter die Bluttat in Nizza sorgfältig geplant. Den LKW, den er als Mordinstrument verwendete, habe er bereits am 4. Juli reserviert und am 11. Juli abgeholt, meldete AFP unter Berufung auf Ermittlerkreise. Am Dienstag und Mittwoch (12. und 13. Juli) habe er den Tatort erkundet. Den LKW-Führerschein hatte er offenbar erst kurz vor der Tat gemacht.

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