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SPD will Scholz und „Sozialstaat“ mit Entlastungs-Paket retten: Direktzahlungen – und ein „49-Euro-Ticket“

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Von: Florian Naumann

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Olaf Scholz freut sich über seine Wahl zum neuen Bundeskanzler Deutschlands.
Olaf Scholz freut sich über seine Wahl zum neuen Bundeskanzler Deutschlands. © Kay Nietfeld/dpa

Die SPD steht mächtig unter Druck. Die Fraktion - nicht Kanzler Scholz - erhöht nun das Tempo und legt Entlastungspläne vor. Doch schon naht Ärger.

Berlin/München – Bröckelnder Partei-Zusammenhalt im Ukraine-Krieg, Koalitions-Zoff, Kritik am Kanzler, Angst vor Protesten im Herbst – die größte Regierungspartei SPD steht mächtig unter Druck. Die Sozialdemokraten wollen nun wieder in die Offensive kommen: Mit einem schnellen dritten Entlastungspaket. Diesmal soll es sich offenbar tatsächlich vorrangig an weniger gut verdienende Menschen richten. So jedenfalls lautet jedenfalls nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sowie der dpa der erklärte Wille der SPD.

Zwei Tage vor der Kabinettsklausur am Dienstag und Mittwoch (30./31. August) auf Schloss Meseberg hat das Blatt nach eigenen Angaben erste Eckpunkte der Pläne in Erfahrung gebracht. Enthalten soll das Paket demnach „Direktzahlungen, ein Nachfolgeangebot für das Neun-Euro-Ticket sowie Schutzklauseln für in finanzielle Not geratene Bürger und Firmen“.

Gas-Krise: SPD legt Entlastungs-Pläne vor – mit Gaspreisbremse und „49-Euro-Ticket“

Passend auch zu neuen Drohungen des Putin-Lautsprechers Dmitri Medwedew hat die SPD in ihrem Papier laut SZ „den Einsatz von Energiepolitik als Waffe“ als Bedrohung für Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland ausgemacht. Nun will die Partei neben der Friedensordnung auch den „Sozialstaat“ verteidigen. Folgende konkrete Schritte sind dem Bericht zufolge unter anderem vorgesehen:

Entlastungspaket: SPD-Fraktion gibt nun Gas – Druck auf Scholz wächst

Offenbar ist der öffentliche Druck dabei so groß, dass die Sozialdemokraten ihre Beschlüsse zum Paket vorgezogen haben. Nun habe die Fraktionsführung um Rolf Mützenich am Sonntag ein Papier auf den Weg gebracht – ursprünglich habe es erst Ende der Woche auf einer Klausur der SPD-Abgeordneten beraten werden sollen, hieß es. Jetzt soll es offenbar die Richtung für die Kabinettsklausur mit den Ministern von SPD, Grünen und FDP vorgeben, zumindest indirekt, über den Weg an die Öffentlichkeit.

Mützenich schien sich im Gespräch mit der Süddeutschen auch zu bemühen, dem Eindruck der Untätig- oder Planlosigkeit entgegenzuwirken. „Mir ist wichtig, dass wir als Fraktion mit einem Gesamtkonzept agieren. Deswegen sind wir über die Sommerpause nicht mit einzelnen Vorschlägen an die Öffentlichkeit gegangen, sondern haben sorgfältig an diesem Papier gearbeitet, um es bei unserer Klausur als Ganzes präsentieren zu können“, sagte er. Durchaus bemerkenswert ist auch, dass die Pläne aus Reihen der Bundestagsfraktion kommen und auch von ihr vorgestellt werden - und nicht etwa von Kanzler Olaf Scholz.

Entlastungspaket geplant: CDU überholt SPD links - Günther denkt sogar an Übergewinn-Steuer

Tatsächlich scheint mittlerweile sogar die Union die SPD zumindest beim Thema Entlastungen links zu überholen: Es sei „einfach falsch“, dass Menschen mit hohem Einkommen Energiegeld bekämen, sagte etwa CDU-Chef Friedrich Merz dem Focus. „Tausend Euro Energiegeld für die Einkommen im unteren Drittel wäre sinnvoller als 300 Euro für alle.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther dachte sogar an eine Art Übergewinnsteuer. Er sprach sich in der Bild am Sonntag für „finanzielle Konsequenzen“ für Unternehmen aus, die in der derzeitigen Situation „ohne eigenes Zutun oder intelligente Geschäftsidee durch Ausnutzung ihrer Marktmacht horrende Mehreinnahmen haben“. Dabei müsse es aber ein differenziertes Modell geben. Die SPD tut sich auch in dieser Frage schwer, in das Papier fand die Maßnahme trotz Rufen nach der Übergewinnsteuer wohl keinen Eingang: Die FDP ist erklärter Gegner einer entsprechenden Steuer.

Ampel-Streit um Entlastungen? FDP zweifelt schon – SPD verreißt „Prinzip Habeck“

Der SPD droht allerdings auch beim jetzt vorgestellten Entlastungs-Programm wieder Ungemach vonseiten der FDP. Liberalen-Fraktionschef Christian Dürr bezweifelte am Sonntag den Nutzen von neuen Einmalzahlungen öffentlich. Er forderte stattdessen die von FDP-Chef Christian Lindner geforderte Beseitigung der „kalten Progression“ – ein Mittel, das insgesamt eher Gutverdienern die Steuerlast mindert.

„Das Prinzip Habeck geht so: Auftritte filmreif, handwerkliche Umsetzung bedenklich und am Ende zahlt der Bürger drauf.“

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese attackiert Vizekanzler Robert Habeck.

Die Sozialdemokraten selbst gingen ebenfalls zur Attacke über. Sie gingen aber vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil attestierte in der Zeit „handwerkliche Fehler“ bei der Gasumlage. Harscher und persönlicher äußerte sich Fraktionsvize Dirk Wiese. „Das Prinzip Habeck geht so: Auftritte filmreif, handwerkliche Umsetzung bedenklich und am Ende zahlt der Bürger drauf“, sagte er der Bild am Sonntag. (fn mit Material von AFP)

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