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„Putin irrt sich“: Scholz versucht klare Ansprache und stolpert beim letzten Wort – Merz zerreißt Kanzler-Rede

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Von: Florian Naumann

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Friedrich Merz reagierte mit harter Kritik auf Olaf Scholz‘ Regierungserklärung.
Friedrich Merz reagierte mit harter Kritik auf Olaf Scholz‘ Regierungserklärung. © Kay Nietfeld/dpa

Olaf Scholz will einmal mehr seine Ukraine-Politik erklären – diesmal auf der großen demokratischen Bühne, im Bundestag. Die Kanzler-Rede im Live-Ticker.

Update vom 19. Mai, 9.36 Uhr: Olaf Scholz‘ Regierungserklärung ist beendet. Größere Überraschungen hat der Kanzler nicht geliefert: Er hat die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine verteidigt. Diese seien keine Eskalation, sondern Hilfe für ein bedrohtes Land. Zugleich verwies der Kanzler auf die Geschlossenheit von EU, Nato und G7, auf laufende Sanktionen gegen Russland und eine notwendige Abkehr von fossilen Energien.

Aufhorchen ließen am ehesten Randbemerkungen: Etwa eine Warnung vor der Hoffnung auf einen schnellen EU-Beitritt für die Ukraine oder positive Signale für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron - Scholz deutete etwa an, zu Änderungen der EU-Verträge bereit zu sein; jedenfalls, wenn es dabei Konsens gebe. Für Wladimir Putin hatte der Kanzler vergleichsweise klare Worte parat: „Noch immer glaubt Putin, einen Diktatfrieden herbeiführen zu können, doch er irrt sich“, stellte er klar. Die Ukraine müsse „bestehen“, das sei das gemeinsame Ziel.

Ukraine-Konflikt: Scholz erhält harsche Merz-Kritik - „Was spielen Sie eigentlich für ein Spiel?“

Harsche Kritik folgt allerdings umgehend. „Die Wahrheit ist doch, dass aus Deutschland in den vergangenen Wochen so gut wie nichts geliefert worden ist, wir wissen es doch, wir können die Dokumente doch einsehen“, rügt Oppositionsführer Friedrich Merz mit Blick auf deutsche Waffenlieferungen. Stattdessen biete Deutschland der Ukraine Gepard-Panzer an, die das Land gar nicht wolle und für die es aktuell auch keine Munition gebe. „Was spielen Sie eigentlich für ein Spiel, auch mit der deutschen Öffentlichkeit?“, attackiert der CDU-Chef den Kanzler. Er fordert auch den Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).

Mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr werde die Union in dieser Lage „besonders sorgfältig umgehen“. Es gebe Gespräche, ob sie „gut“ seien, will Merz dahingestellt sein lassen. In Scholz‘ Rede vermisst er wichtige Informationen – etwa, ob die Ukraine einen Status als EU-Beitrittskandidat bekommen soll, ob Deutschland dem Land „Sicherheitsgarantien“ geben will, oder ob die EU neue Schulden aufnehmen soll: „Sagen Sie uns doch Ihre Meinungen zu diesen zentralen Themen!“, fordert Merz.

Scholz hält Ukraine-Regierungserklärung und stockt beim letzten Wort: „Frieden, Freiheit und ... Recht“

Update vom 19. Mai, 9.27 Uhr: Scholz schneidet nun ein Thema nach dem anderen an - jetzt ist die Inflation an der Reihe. „Wir lassen niemanden allein, das gilt ganz besonders für die Bürgerinnen und Bürger mit kleinen und mittleren Einkommen“, sagt er und spricht noch einmal die zwei Entlastungspakete der Bundesregierung an.

Wichtig sei aber auch, sich von fossiler Energie unabhängig zu machen. Dabei müsse Europa „gemeinsam vorankommen“. Der EU-Gipfel Ende Juni solle Signale aussenden – für den Ausbau erneuerbarer Energie, mehr Energieeffizienz und die „industrielle Transformation“.

Deutschland werde die Folgen des Ukraine-Krieges bewältigen, schließt Scholz. Das sei möglich dank „starker Allianzen und Partner“, aber auch, weil die Bundesrepublik wisse, was sie verteidige: „Frieden, Freiheit und Recht“. Der Kanzler hält vor dem Wort „Recht“ kurz inne und scheint die passende Vokabel in seinem Manuskript zu suchen. Aus den Ampel-Fraktionen folgt dennoch ausdauernder Applaus.

Kanzler Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung am Donnerstag im Bundestag.
Kanzler Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung am Donnerstag im Bundestag. © Michael Kappeler/dpa

Scholz bremst bei Ukraines EU-Mitgliedschaft: „Gibt keine Abkürzung“

Update vom 19. Mai, 9.24 Uhr: Der Kanzler stellt Kiew Hilfe beim Wiederaufbau in Aussicht - bremst aber merklich bei der Frage einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine. „Emmanuel Macron hat recht, wenn er darauf hinweist, dass der Beitrittsprozess keine Frage von einigen Wochen oder wenigen Monaten ist“, sagt Scholz. Es gebe auf dem Weg in die EU keine Abkürzung, diese Regel schulde die EU auch Beitrittskandidaten wie den Westbalkan-Ländern. Diesen Staaten sendet Scholz ebenfalls ein Signal: „Der westliche Balkan gehört in die Europäische Union“, sagt er.

Update vom 19. Mai, 9.18 Uhr: Scholz wirbt nun noch einmal für das offenbar auf der Kippe stehende Bundeswehr-Sondervermögen. Es garantiere „die Freiheit und Sicherheit unseres Landes“, sende aber auch ein klares Zeichen an „Freunde und Verbündete“: Deutschland leiste einen angemessenen Beitrag, es gelte „einer für alle, alle für einen“.

Scholz begrüßt auch noch einmal öffentlich den Nato-Beitrittsantrag von Finnland und Schweden. „Ich sage ohne jedes Zögern: Liebe Freundinnen und Freunde in Schweden und Finnland, ihr seid uns herzlich willkommen“, die Nato werde mit den beiden Ländern stärker.

Scholz im Bundestag: „Putin irrt sich“

Update vom 19. Mai, 9.18 Uhr: Scholz geht nun ans Eingemachte: Alle seien durch ein Ziel geeint, sagt der Kanzler mit Blick auf EU, G7 oder auch Nato: „Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, die Ukraine muss bestehen“, Applaus brandet auf. „Einigen geht unsere Unterstützung nicht weit genug, anderen geht sie viel zu weit.“ Einem brutal angegriffenen Land bei der Verteidigung zu helfen, darin liege keine Eskalation.

„Noch immer glaubt Putin, einen Diktatfrieden herbeiführen zu können, doch er irrt sich“, fährt Scholz fort. Das werde die Ukraine nicht akzeptieren, „und auch wir nicht“. Deutschland stärke der Ukraine „überlegt, abgewogen und international abgestimmt“ den Rücken, erklärt Scholz. Er betont noch einmal seine bereits bekannten Leitlinien: „Wir tun nichts, was die Nato zur Kriegspartei werden lässt“, sagt er unter anderem, verweist aber auch darauf, dass Sanktionen stets Russland mehr schaden müssten als „uns selbst“.

Noch immer glaubt Putin, einen Diktaktfrieden herbeiführen zu können, doch er irrt sich!

Kanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung

Update vom 19. Mai, 9.12 Uhr: Der Kanzler betont, auch die EU solle sich weiterentwickeln, etwa durch die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen im Rat. Dafür gebe es zunehmenden Zuspruch, meint Scholz. „Wenn die Sache es erfordert, können wir über eine Änderung der Verträge sprechen“, meint er; wichtig sei aber Konsens - die EU könne aktuell keine aufwändige „Nabelschau“ gebrauchen.

Update vom 19. Mai, 9.10 Uhr: Scholz richtet Dankesworte an Emmanuel Macron, der die erste Reise nach seiner Wiederwahl nach Berlin unternommen hat. Deutschland und Frankreich hätten die Aufgabe, Lösungen für die Zukunft zu finden, „die für alle Mitgliedsstaaten tragen“: „Die Zeitenwende erfordert, dass wir auch in Europa über den Tag hinausdenken.“

Scholz hält Ukraine-Regierungserklärung: Kanzler erklärt noch einmal die „Zeitenwende“ - jetzt LIVE

Update vom 19. Mai, 9.05 Uhr: „Beim Blick auf die Ruinen von Mariupol, Tschernihiw oder Charkiw“, sagt Scholz und verhaspelt sich kurz; aber auch beim Blick auf Gräueltaten etwa in Butscha, werde bewusst, dass Krieg in Europa nicht unvorstellbar geworden ist. „Das ist die Lehre, die wir aus Russlands brutalem Angriff auf die Ukraine ziehen, das ist die Zeitenwende, von der ich Ende Februar hier in diesem Haus gesprochen habe.“

Update vom 19. Mai, 9.01 Uhr: Olaf Scholz‘ Krisenkommunikation stand zuletzt stark in der Kritik. Nach einem TV-Interview Anfang der Woche will der Kanzler nun auch noch einmal die Abgeordneten im Bundestag gezielt adressieren - mit einer Regierungserklärung zum Ukraine-Sondergipfel der EU Ende Mai.

Bis es so weit ist, dauert es aber noch ein paar Minuten. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat die Sitzung zwar schon eröffnet, verliest aber noch Geburtstagswünsche und Personalien.

Scholz‘ hält Ukraine-Regierungserklärung: Termin im Bundestag - ab 9 Uhr LIVE

Vorbericht: Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt um 9 Uhr eine Regierungserklärung im Bundestag ab. Anlass der auf 20 Minuten angesetzten Erklärung ist der EU-Sondergipfel, der sich Ende Mai in Brüssel mit der aktuellen Lage rund um den Krieg Russlands in der Ukraine befassen soll. An den Auftritt des Kanzlers schließt sich im Plenum eine anderthalbstündige Debatte an.

In der auf mehr als 14 Stunden angesetzten Bundestagssitzung stehen auch wichtige Gesetzesbeschlüsse an - so etwa die weitgehende Aussetzung von Hartz-IV-Sanktionen für die Dauer eines Jahres (Debatte ab 15.20 Uhr), die Zahlung eines neuerlichen Pandemie-Bonus an Kräfte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen (16.50 Uhr) und ein Gesetz zur schärferen Durchsetzung von Sanktionen gegen Mitglieder der russischen Elite (18.20 Uhr).

Olaf Scholz und der Ukraine-Konflikt: Kanzler hält erst Regierungserklärung – Holland-Reise folgt

Für Scholz ist es nicht der einzige Großtermin des Tages: Der Kanzler reist am Donnerstag auch in die Niederlande. Geplant sind nach Angaben der Bundesregierung ein Treffen mit dem niederländischen König Willem-Alexander und ein anschließendes Abendessen mit Regierungschef Mark Rutte. Gesprächsthema seien unter anderem die Energieversorgung im Lichte des Ukraine-Krieges und der Auseinandersetzungen mit Russland – sowie eine deutsch-niederländische Unterstützungsmission für die Ukraine mit Panzerhaubitzen 2000.(AFP/fn)

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