Corona-Impfpflicht: Lauterbachs Ministerium spricht Machtwort - neuer Ampel-Entwurf durchgesickert

In wenigen Tagen wird im Bundestag über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht debattiert. Nun sind die genauen Pläne der Befürworter bekannt geworden.
- Die politischen Corona-Debatten nehmen wieder Fahrt auf: Am Montag (25. Januar) steht wieder ein Corona-Gipfel an.
- Formal wird eine Impfpflicht wohl kein Thema sein, sie bleibt aber dennoch Thema - aus dem Gesundheitsministerium kam ein Machtwort. (Update von 13.36 Uhr)
- Vor Gipfel-Start haben sich auch die Gegner der Pflicht zu Wort gemeldet (Update von 9.55 Uhr).
Update vom 24. Januar, 15.40 Uhr: Das Ringen um die Impfpflicht bleibt zäh: Die Unionsfraktion im Bundestag fordert von der Ampel nun die Einführung eines Impfregisters - lässt ihre Position zu einer allgemeinen Impfpflicht gegen das Coronavirus aber weiter offen.
Unionsfraktionsvize Sepp Müller (CDU) wollte am Montag nicht ausschließen, dass seine Fraktionen einen der Gesetzesanträge zur Impfpflicht unterstützt, die von Abgeordneten der Ampel-Fraktionen im Bundestag ausgearbeitet werden: „Uns eint das Ziel, das wir die Impfquote nach oben bringen wollen“, sagte Müller. Unabhängig davon, wie eine allgemeine Impfpflicht im Detail ausgestaltet werde, plädiere seine Fraktion aber grundsätzlich für ein Impfregister, sagte er. Die Impfkampagne könne nur dann effektiv vorangetrieben werden, wenn die Behörden einen Überblick darüber hätten, wer noch nicht geimpft sei.
Ein solches Register müsse „unverzüglich“ eingeführt werden - „unabhängig davon, wie die Frage einer allgemeinen Impfpflicht beantwortet wird“, sagte er. Die Unionsfraktion sei derzeit noch in einer „Orientierungsphase“, was die von ihr favorisierte Ausgestaltung einer Impfpflicht angeht, sagte Müller weiter. In den Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP dürfte die Unionsforderung nach einem Impfregister auf wenig Gegenliebe stoßen: Das Ampel-Bündnis argumentiert, die Einrichtung eines Impfregisters würde viel Zeit in Anspruch nehmen und sei datenschutzrechtlich umstritten.
Corona-Impfpflicht: Lauterbachs Ministerium spricht Machtwort - neuer Ampel-Entwurf durchgesickert
Update vom 24. Januar, 13.36 Uhr: Ein weiterer Entwurf in Sachen Impfpflicht ist im Bundestag auf dem Weg - diesmal aus Reihen von Ampel-Abgeordneten. Der Entwurf sehe eine generelle Impfpflicht für alle Menschen ab 50 Jahren und eine verpflichtende Impfberatung vor, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Montag aus Parlamentskreisen.
Ungeimpfte Angehörige dieser Altersgruppe müssten sich dann zunächst ärztlich über eine Corona-Impfung beraten lassen. Der Entwurf befinde sich in der Endabstimmung zwischen Abgeordneten der FDP, der Grünen und der SPD, hieß es weiter. Möglicherweise könne er noch am Montag vorgelegt werden. Die Federführung der Arbeiten an dem Entwurf liegt bei dem FDP-Gesundheitsexperten Andrew Ullmann.
Corona-Impfpflicht: Lauterbachs Ministerium spricht Machtwort - Grüne-Kollegin positioniert sich
Update vom 24. Januar, 13.15 Uhr: Eine weitere Ministerin hat sich in der Impfpflicht-Frage positioniert: Familien-Ressortchefin Anne Spiegel (Grüne) verwies in einem Interview auf die berufsbezogene Pflicht angesprochen auf die laufenden Bundestagspläne für eine allgemeine Impfpflicht: „Ich hätte mir gewünscht, dass andere Maßnahmen ausreichen, aber wir müssen schon feststellen, wir sind mit der Impfquote nicht so weit wie andere Länder“, sagte sie dem rbb-Inforadio. Die Ungeimpften bereiteten „uns gerade große Sorge in unserer Gesellschaft“, konstatierte sie.
Die Bundesregierung will derweil an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht insbesondere für den Gesundheitsbereich ab 15. März festhalten. Das machte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am Montag in Berlin deutlich. Er wies allerdings darauf hin, dass das dafür beschlossene Gesetz bereits für Einzelfallentscheidungen Spielräume für die Länder vorsehe, die auch generell für die Umsetzung zuständig sind. Die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht dürfe sich aus Sicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht verzögern, sagte dazu aber der Sprecher des Gesundheitsressorts.
Spiegel äußerte sich auch zur Lage an den Schulen - und bot den Ländern Hilfe vom Bund an*.
Impfpflicht: Umfrage zeigt Auswirkungen auf die Pflege
Update vom 24. Januar, 11.40 Uhr: In der Debatte um die allgemeine Impfpflicht richtet sich der Blick zunehmend auch auf die Folgen der schon beschlossenen berufsbezogenen Impfpflicht. Zu ihr gibt es nun neue Daten: Durchschnittlich 90 Prozent der Klinikbeschäftigten mit direkten Patientenkontakten sind mindestens zweimal gegen Corona geimpft. Das ergab eine am Montag in Berlin veröffentlichte Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Mit 66 Prozent rechnen demnach zwei Drittel der Krankenhäuser mit Einschränkungen bei der Patientenversorgung, wenn ab Mitte März ungeimpftes Personal nicht mehr beschäftigt werden darf. 34 Prozent erwarten das nicht. Für die Onlineumfrage, über die die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland zuerst berichteten, wurden nach Angaben der DKG 246 Krankenhäuser ab 50 Betten am 18. und 19. Januar befragt.
Trotz der hohen Impfquote in den Kliniken können nach Ansicht von DKG-Chef Gerald Gaß durch die ab Mitte März geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht Probleme auf die Patientenversorgung zukommen. „Umso wichtiger ist es, dass Rechtsklarheit hergestellt wird und die Gesundheitsämter nach dem 15. März einheitlich und mit angemessenen Übergangsfristen das weitere Verfahren umsetzen“, erklärte Gaß. Er forderte zudem die umgehende Umsetzung einer allgemeinen Impfpflicht. Die Pflege kämpft allgemein mit Personalmangel - und resultierender hoher Unzufriedenheit unter Beschäftigten.
Impfpflicht: CDU-Promi denkt an spektakuläre „1G“-Regel - SPD rechnet fest mit Beschluss
Update vom 24. Januar, 11.02 Uhr: Kommt die Corona-Impfpflicht? Berlins früherer Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) geht fest davon aus. „Ich lege mich fest“, sagte der Bundestagsabgeordnete in einem Talk der Bild: „Es wird eine Impfpflicht geben“. Unklar sei nur noch die genaue Form. „Es geht darum, dass wir endlich rauskommen aus diesem Hin und Her“, fügte er hinzu.
Thüringens Ex-CDU-Chef Mike Mohring brachte in der Sendung „Die richtigen Fragen“ eine noch etwas steilere These ein. Er plädierte für „1G“: „Wir sind besser beraten, wenn wir über die Frage von 1G nachdenken würden“, formulierte er. Gemeint ist Eintritt nur für Getestete, unabhängig vom Impfstatus. Eine Herdenimmunität sei über die Impfung nicht zu erreichen, argumentierte der CDU-Politiker.
Corona-Impfpflicht: FDP-Leitfigur warnt kurz vor dem Gipfel - Bayerische Abgeordnete unentschlossen
Update vom 24. Januar, 9.55 Uhr: Auch die Gegner einer Impfpflicht melden sich pünktlich zum neuerlichen Corona-Gipfel am heutigen Montag zu Wort: „Meiner Meinung nach gibt es kein Argument gegen das Impfen, aber gute Argumente gegen die Allgemeine Impfpflicht“, sagte FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus der dpa. Hohe Impfquoten bei Booster- und Erstimpfungen sowie zielgruppenorientierte Ansprache seien die richtigen Instrumente. „Gute Impfaufklärung ist effektiver als eine Allgemeine Impfpflicht.“

Derweil scheinen viele Abgeordnete noch unentschlossen - für Bayerns Bundestagsvertreter* zeigt dies eine Umfrage des Radiosenders Antenne Bayern. Dieser zufolge sprachen sich 29 Prozent für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren aus, 18 Prozent sind dagegen. Die Mehrheit - 39 Prozent - hat sich bislang keine abschließende Meinung gebildet und will erst noch die Debatten im Parlament abwarten. 14 Prozent antworteten auf die Anfrage des Radiosenders nicht oder gaben an, sich nicht äußern zu wollen. Bei der CSU waren zwei Drittel der Abgeordneten noch unentschlossen*, die SPD-Vertreter sprachen sich zu knapp drei Viertel für eine Pflicht aus.
Impfpflicht in Deutschland: Städte-Vertreter warnt vor Bürokratie-Notstand - schon bei berufsbezogener Pflicht
Zumindest mahnende Worte kamen unterdessen von Vertretern der Städte in Deutschland. „Die Bundesregierung muss schnell alle offenen Fragen klären. Es kann nicht sein, dass uns in den Städten wieder ein irrer Verwaltungsaufwand auf die Füße fällt“, erklärte Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) der WAZ.
Kufen bezog sich dabei vorerst auf die bereits beschlossene berufsbezogene Impfpflicht, die im März in Kraft treten soll. Völlig ungeklärt sei, wie sich der Bund das Zusammenspiel von Arbeitgebern und Gesundheitsämtern im Umgang mit personenbezogenen Daten vorstelle und wie Beschäftigungsverbote durchgesetzt werden sollen, so Kufen. Allein bei der Stadt Essen werde davon ausgegangen, dass man es bei insgesamt 50.000 Beschäftigten in den betroffenen Bereichen mit 2500 bis 3000 Ungeimpften zu tun bekommen könnte, hieß es in dem Bericht.
Corona-Impfpflicht: Neue Pläne der Befürworter nun bekannt
Erstmeldung von 24. Januar: Berlin - Am kommenden Mittwoch (26. Januar) wird erstmals über eine allgemeine Corona-Impfpflicht im Bundestag debattiert. Nun wurden Details zu den Plänen der Befürworter veröffentlicht. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese, der zusammen mit anderen Abgeordneten der Ampel-Koalition Eckpunkte einer Impfpflicht ab 18 Jahren vorbereitet, nannte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur Einzelheiten.
Laut den Plänen soll die Pflicht auf ein bis zwei Jahre befristet sein, für nicht mehr als drei Impfungen gelten und über Bußgelder umgesetzt werden. Ein Impfregister soll aufgrund des großen Zeitaufwands nicht erstellt werden. Ausnahmen von der Impfpflicht sollen darüber hinaus vom Amtsarzt kontrolliert werden. Am Freitag hatte Wiese gemeinsam mit sechs Politikern der Grünen und FDP in einem Brief an allen Bundestagsabgeordneten mit Ausnahme der AfD einen Gruppenantrag für eine Impfpflicht ab 18 angekündigt. Hinter diesen Antrag wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellen. Die Pläne der Koalitionsabgeordneten enthalten im Detail folgende Punkte:
Impfpflicht: Pläne der Koalitionsabgeordneten im Überblick
- Im Gruppenantrag der Koalitionsabgeordneten ist eine Pflicht für drei Impfungen vorgesehen. Der Grund: „Auf der Grundlage der aktuellen Studien kann man sagen, dass man mit drei Impfungen eine gute Grundimmunisierung gegen einen schweren Verlauf erreicht hat“, sagt Wiese. Darüber hinausgehende Boosterimpfungen sollen freiwillig sein.
- Die Impfpflicht wird nicht für immer, sondern nur für zwei Jahre gelten. Denn ab einem bestimmten Zeitpunkt werde eine so hohe Grundimmunität vorliegen, dass die Impfpflicht nicht mehr nötig sei. Laut Experten werde das nicht nach nur wenigen Monate, sondern eher nach ein bis zwei Jahren der Fall sein.
- Impfverweigerer sollen mit Bußgeldern sanktioniert werden. Der Antrag stellt sich damit gegen Zwangsmaßnahmen wie einer Erzwingungshaft. Nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten haben Bußgelder eine Höhe von fünf bis 1000 Euro, „wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt“. Aktuell wird ein Betrag im „mittleren dreistelligen Bereich“ befürwortet. Bei Nichtzahlung könnte man nach Wieses Ansicht ein individuelles Zwangsgeld in Betracht ziehen. „So könnte man bei der Höhe dann auch die persönlichen Lebensverhältnisse berücksichtigen.“ Die Obergrenze für ein Zwangsgeld liegt nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz bei 25.000 Euro.
- Eine Impfpflicht könnte unter anderem über die Erfassung von Impfungen in einem zentralen Register umgesetzt werden. Dieses zu erstellen würde allerdings lange dauern und steht teils im Konflikt mit dem Datenschutz. Da die Impfpflicht laut Wiese in erster Linie dazu da sei, „über den nächsten Herbst und Winter zu kommen“, sei der Aufbau eines Impfregisters nicht praktikabel, da dieses zu lange dauern würde. Die Impfpflicht könnte informationstechnisch über die Krankenkassen oder Kommunen erfolgen.
- Diejenigen, bei denen gesundheitliche Gründe gegen eine Impfung sprechen, werden von der Pflicht befreit. Bestätigen soll dies jedoch nicht ein Hausarzt, sondern nur ein Amtsarzt. Hintergrund ist, dass es auch unter den Ärzten Impfgegner gibt, bei denen die Befürchtung besteht, dass sie unberechtigterweise Ausnahmebescheinigungen vergeben könnten.
- Die Entscheidung über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht soll Ende März im Bundestag fallen. Bevor das Gesetz in Kraft tritt, muss dieses noch vom Bundesrat verabschiedet werden. Anschließend soll es eine Art Schonfrist geben, in der sich die Ungeimpften immunisieren lassen können, um Sanktionen zu entgehen. Im Klartext: Stimmt der Bundestag Ende März zu, wird die Impfpflicht zwischen Juni und August in Kraft treten.
Andere Pläne: Keine Impfpflicht oder Impfpflicht ab 50 Jahren
Diese Pläne sind allerdings nicht konkurrenzlos. Der FDP-Politiker Andrew Ullmann bereitet aktuell einen Antrag für eine Impfpflicht ab 50 vor. Der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) wiederum hat bereits einen gegen die Impfpflicht* vorgelegt. Kubicki befürchtet, dass bei der Umsetzung einer Impfpflicht Chaos entstehen wird.
Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Zustimmung in der Bevölkerung für eine allgemeine Corona-Impfpflicht* in Deutschland leicht gesunken ist. Allerdings ist immer noch eine deutliche Mehrheit für diese. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur befürworten 60 Prozent eine allgemeine Impfpflicht, 32 Prozent sind dagegen, 8 Prozent machen keine Angaben. Anfang Dezember waren noch 63 Prozent dafür und nur 30 Prozent dagegen.
Mehrheit der Bevölkerung ist für eine Impfpflicht: besonders die Altersklasse über 55
Wenige Tage nach der ersten Impfung in Deutschland am 26. Dezember 2020 hatten sich in einer YouGov-Umfrage noch 56 Prozent gegen eine allgemeine Impfpflicht und nur 33 Prozent dafür ausgesprochen. Nach der aktuellen Umfrage wächst die Zustimmung zur Impfpflicht mit zunehmendem Alter. Von den 18- bis 24-Jährigen sind nur 48 Prozent dafür und 35 Prozent dagegen. In der Altersklasse über 55 sind 68 Prozent dafür und nur 26 Prozent dagegen. (at/dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.