Corona in Nordkorea: Luftballons aus Südkorea sollen das Virus eingeschleppt haben

Eine nordkoreanische Behörde stellt einen Zusammenhang zwischen dem Ausbruch von Corona und dem Kontakt zu „unbekannten Gegenständen“ aus Südkorea her.
Pjöngjang – Nordkorea blieb zwei Jahre lang von der Corona-Pandemie verschont, denn in dem Land wurde nach eigenen Angaben keine Infektion mit dem Virus gemeldet. Im April 2022 war es jedoch so weit und es tauchte in Nordkorea eine „Fieber-Erkrankung“ auf, die vom Land vorerst nicht als Corona betitelt wurde.
Wie das Corona-Virus nach Nordkorea kam, ist bislang unklar. Allerdings berichtet eine nordkoreanische Behörde am Freitag (1. Juli), dass der erste Fall in der Nähe der Grenze zu Südkorea auftauchte, nachdem dort „unbekannte Dinge“ berührt wurden, berichtet die New York Times. Südkorea wird nicht direkt beschuldigt, allerdings handelt es sich bei diesen Dingen um Luftballons aus dem Nachbarland.
Luftballons aus Südkorea: Corona kam laut Nordkorea dadurch ins Land
Bereits seit Jahren nutzen Aktivisten Ballons, um Flugblätter, Dollarscheine, kleine Bibeln, digitale Datenträger oder humanitäre Hilfe nach Nordkorea zu bringen. Da das Land die Zugänge zu Informationen kontrolliert und zensiert, versuchen die Aktivisten so Informationen an die Bürgerinnen und Bürger zu bringen. Nordkorea verurteilte diese Aktionen bereits mehrfach und drohte mit Vergeltung.
Ob das Virus über die Ballons eingeschleppt wurde, ist fraglich. Yang Moo-jin, Professor an der Universität für Nordkorea-Studien in Seoul, sagte laut The Guardian: „Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Behauptung Nordkoreas schwer zu glauben, da die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus über Gegenstände verbreitet, recht gering ist.“
Corona-Infektion über Gegenstände ist gering: Nordkorea sucht Schuldigen
Dasselbe geben laut The Guardian ebenfalls US-Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention an. Allerdings ist es nicht unmöglich, durch den Kontakt zu kontaminierten Oberflächen oder Gegenständen zu erkranken. Die Behauptung, das Virus sei über die Ballons nach Nordkorea gelangt, ist dementsprechend unrealistisch. „Es ist eine typische nordkoreanische Propaganda, die versucht, das Problem des Covid-Ausbruchs in Angst und Hass auf Südkorea umzuwandeln“, sagte Lee Min-bok, ein nordkoreanischer Überläufer und Aktivist der New York Times.
Die Möglichkeit, dass das Virus wegen des Handels mit China in das Land kam, wird von nordkoreanischen Behörden hingegen verschwiegen. Sonst „hätte man die Quarantänemaßnahmen im Grenzgebiet verschärfen müssen, was einen weiteren Rückschlag für den Handel zwischen Nordkorea und China bedeutet hätte“, sagte Lim Eul-chul, Professor am Institut für Fernoststudien der Kyungnam-Universität gegenüber The Guardian.