Landtagswahl Brandenburg: SPD-Kandidat denkt über Koalition mit AfD nach - und kassiert Rüffel

Vier Wochen vor der Landtagswahl in Brandenburg hat ein SPD-Kandidat laut über ein Bündnis mit der AfD nachgedacht. Die liefert wiederum einen neuen Skandal.
Lehnin/Berlin - Rund vier Wochen vor der Landtagswahl in Brandenburg geht der Wahlkampf in die heiße Phase - und für die Regierungspartei SPD sieht es in den Umfragen nicht allzu rosig aus: Knapp vier Prozentpunkte hinter der AfD rangierte die Partei von Ministerpräsident Dietmar Woidke zuletzt. Das macht den Verbleib im Amt per se noch nicht unmöglich. Regt aber offenbar die Fantasie von brandenburgischen SPD-Politikern an. Zum Unwillen der Parteispitze.
„Vielleicht muss man auch mal über eine Koalition mit der AfD nachdenken“, sagte der SPD-Direktkandidat aus dem Wahlkreis 16 (Brandenburg I/Potsdam-Mittelmark I), Udo Wernitz, nun der Märkischen Allgemeinen Zeitung. „20 Prozent der Bevölkerung darf man nicht vernachlässigen“, meinte er im Gespräch mit dem Blatt. Zudem könne es Sinn ergeben, die rechtspopulistische Partei „in die Pflicht zu nehmen“, räsonierte Wernitz weiter.
Landtagswahl in Brandenburg: Direktkandidat denkt laut über Koalition mit AfD nach
Wenngleich Wernitz in dem Gespräch auch klarstellte, er bevorzuge andere Koalitionen in Brandenburg - Rot-Rot-Grün etwa - setzte es prompt einen Rüffel aus dem SPD-Bundesvorstand. „Kommt nicht. Traurige Einzelmeinung“, twitterte der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs. Wenig später legte er auf Nachfrage einer Userin mit einer Ankündigung nach: Es werde „klare Ansagen der SPD“ geben.
Auch Wernitz selbst ruderte offenbar schnell zurück. Er fühle sich „falsch verstanden“, erklärte der Politiker in einer auf Twitter veröffentlichten WhatsApp-Message an einen Parteikollegen aus seinem Wahlkreis. Er wolle sich für die Interessen „aller Brandenburgerinnen und Brandenburger einsetzen“, auch für jene, die aktuell AfD wählten. Eine Koalition mit der AfD schließe er aber „aus Überzeugung aus“, heißt es in dem Statement, das auch von Kahrs geteilt wurde.
Landtagswahl in Brandenburg: Schwierige Mehrheitsfindung droht
Ein Schlaglicht wirft die Episode aber auf die komplizierte Mehrheitsfindung, die den Parteien drohen könnte. Theoretisch könnte es für Rot-Rot-Grün reichen. Verfehlen die Parteien allerdings eine mögliche knappe Mehrheit, wird es schwierig.
Jenseits der AfD wäre nach aktuellem Stand der Umfragen lediglich noch ein Jamaika-Bündnis möglich - das zusammen aber ebenfalls in der Sonntagsfrage derzeit nur auf 48,6 Prozent der Stimmen kommt. Etwas besser sähe es für eine Koalition aus CDU, SPD und Linke aus. Dass sich Union und Linke zusammenraufen darf allerdings bezweifelt werden.
Es bleibt also weiter die Frage offen, wer in Brandenburg Ministerpräsident werden kann.
Landtagswahl in Brandenburg: AfD-Landeschef vier Wochen vor der Wahl in der Kritik
Die AfD könnte sich mit den jüngsten Nachrichten über ihren brandenburgischen Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz nochmals als Koalitionspartner für die etablierten Parteien diskreditiert haben: Kalbitz war an der Entstehung von zwei Filmen über Hitler und die Wehrmacht beteiligt, hat aber Vorwürfe dazu zurückgewiesen.
Die Welt berichtete am Donnerstag, Kalbitz habe mit seinem Schwiegervater Stuart Russell, einem 2006 gestorbenen britischen Soldaten, die Filme „Hitler. The Unknown Soldier. 1914-1918“ und „Von Garmisch in den Kaukasus. Die Geschichte der 1. Gebirgsdivision 1941-1942.“ gedreht. Darin gebe es Tendenzen, Geschichtsbilder zu revidieren.
„Diese beiden Filme habe ich zusammen mit meinem Schwiegervater Stuart Russell erstellt, der sich als Brite mit deutschen Texten schwergetan hat, und ihm gerne dabei geholfen, die Scripts zu überarbeiten“, sagte Kalbitz der Zeitung. „Er war mit Sicherheit kein Rechtsradikaler oder gar Extremist.“ Am Donnerstag äußerte sich der AfD-Landeschef über die Zeitungszitate hinaus nicht. Kalbitz ist auch Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl in Brandenburg am 1. September.
Die Welt zitiert auch den Historiker Thomas Weber von der Universität Aberdeen, der demnach über den ersten Film von 2004 sagte, er mache „den Eindruck einer geschickten Hitler-Verherrlichung“. Für Schlagzeilen sorgte Kalbitz Mitte August auch mit Worten über seinen Partei- und „Flügel“-Kollegen Björn Höcke.
Alle Infos zur Landtagswahl in Brandenburg:
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fn (mit dpa)