1. Hersfelder Zeitung
  2. Politik

„Schwarze Null der CDU“: Extreme Kritik an AKK - übersteht sie das Ost-Beben?

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Maximilian Kettenbach

Kommentare

Kramp-Karrenbauer in Jordanien.
Kramp-Karrenbauer in Jordanien. © dpa / Michael Kappeler

Annegret Kramp-Karrenbauer unter verbalem Dauerbeschuss: In der Debatte um den Umgang mit Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen reißt die Kritik an der CDU-Chefin nicht ab.

Berlin/München - Annegret Kramp-Karrenbauer kommt nicht dauerhaft aus den Negativ-Schlagzeilen. Nun sorgt die CDU-Chefin mit einer Aussage dafür, dass die CDU um die Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am 1. September ganz erheblich zittern muss. Und eine Frage bleibt: Übersteht die designierte Kanzlernachfolgerin Angela Merkels zwei mögliche Wahlpleiten im Osten?

AKK-Panne: Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen?

Was ist passiert? Kramp-Karrenbauer, Spitzname AKK, sagte zunächst den Funke-Zeitungen, es gebe "aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschließen". Sie sehe jedoch "bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet". Medien, Politiker und Experten interpretierten ein in Betracht gezogenes Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen herbei.

Später revidierte AKK diese Äußerungen und stellte noch am Samstag klar, sie habe "weder im Interview noch an anderer Stelle ein Parteiausschlussverfahren gefordert". Außerdem dürfe in der CDU "jeder seine eigene Meinung haben, das macht uns aus".

Doch da war das Kind längst in den Brunnen gefallen. Sowohl aus der SPD als auch der eigenen Union gab es Gegenwind für die Aussagen der neuen Verteidigungsministerin.

AKK-Aussage sorgt für Wirbel: So reagierte Maaßen

Hans-Georg Maaßen hatte direkt am Samstag scharf reagiert und Kramp-Karrenbauer parteischädigendes Verhalten vorgeworfen. "Das schadet der CDU massiv und wird dem politischen Gegner massiv Mitglieder und Stimmen in die Arme treiben", sagte er AFP. Er halte es für "bedenklich im Sinne der innerparteilichen Demokratie, dass Personen, die nicht auf Linie sind, ausgegrenzt werden sollen". 

Maaßen drängte zudem Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) dazu, sich stärker von der Bundes-CDU abzugrenzen. "Ich wünsche mir, dass sich der sächsische Ministerpräsident von bestimmten politischen Positionen, die von der CDU auf Bundesebene propagiert werden, emanzipiert", sagte Maaßen der "Welt am Sonntag".

Mittlerweile zeigte Maaßen sich „erleichtert, dass unsere Vorsitzende in den Medien nur missverstanden wurde und glaube an die Ernsthaftigkeit ihrer Klarstellung. Ich freue mich auf meine nächste Wahlkampfveranstaltung“, twitterte er.

Kramp-Karrenbauer unter Druck: Presse mit enormer Kritik

AKK steht dennoch gewaltig unter Druck. Nach der argen Kritik an ihrem Karnevalswitz über intersexuelle Menschen zu Beginn des Jahres, tapste sie als CDU-Chefin bereits in weitere Fettnäpfchen: Einmal, als sie den Wahlsieg des CDU-Bürgermeisters nach einem überparteilichen Aufruf im sächsischen Görlitz allein für ihre Partei reklamierte, ein weiteres Mal vor der Europawahl, als sie das Video des Youtubers Rezo kritisierte und die Meinungsfreiheit kurz vor Wahlen hinterfragte. Das Medienecho ist nach dem erneut unglücklichen Auftreten geradezu verheerend. 

Der „Reutlinger General-Anzeiger“ meint zur aktuellen Maaßen-Causa: „Der Reiz dieses Theaterstücks liegt in der Titelheldin Kramp-Karrenbauer, die sich gerne mal angreifbar macht. Dies ermuntert manchen bislang zu kurz gekommenen Mitstreiter, schon mal die Messer zu wetzen. Es braucht nur noch eine günstige Gelegenheit, wie verlorene Wahlen in den Ost-Bundesländern, um eine Revolte anzuzetteln und die Parteivorsitzende zu stürzen.“

Die „Stuttgarter Zeitung" nannte es eine „ausgemachte Dummheit, kurz vor den Wahlen in Sachsen und Brandenburg eine Debatte über einen möglichen Parteiausschluss aus dem Ruder laufen zu lassen.“

„Falscher kann AKK den Termin für innerparteilichen Lärm und Kontroverse kaum wählen“, befindet die „Welt“. Der Spiegel wird noch deutlicher: „Die Parteivorsitzende tastet sich derweil durchs nebelige Gelände. Sie ist die schwarze Null der CDU.“ Der Merkur* nennt sie „Wieder einmal unklug und ungeschickt“.

Experten uneins - was bedeuten die Aussagen AKK‘s über Maaßen?

Die Experten streiten sich um die möglichen Folgen der Aussagen AKK‘s. Professor Heinrich Oberreuter (Universität Passau) erklärt der Bild-Zeitung: „Ein Ausschluss von Maaßen könnte der Beginn eines Abspaltungsprozesses des überzeugt konservativen Flügels der CDU sein. Sozusagen die Vollendung der von Merkel eingeleiteten Entwicklung.“ Professor Jürgen Falter (Universität Mainz) hält dagegen: „Die Leute der Werteunion sind klug genug zu wissen, dass eine Abspaltung zur Bedeutungslosigkeit führt.

Politik-Professor Oskar Niedermayer von der Freien Universität Berlin: „Mir ist schleierhaft, warum AKK jetzt dieses Fass aufmacht. Das heizt den Streit zwischen Liberalen und Konservativen wieder an, der so kurz vor den Wahlen nicht hilfreich ist.“

Überlebt AKK das Maaßen-Gewitter politisch?

Maaßen gilt unionsintern als umstritten, engagiert sich seit seiner Versetzung in den Ruhestand als Verfassungsschutzpräsident in der rechtskonservativen Werteunion, die sich am Samstag mit ihm solidarisch erklärte. Für die CDU macht er derzeit auch Wahlkampf in ostdeutschen Ländern.

Thüringens Landeschef Mike Mohring (CDU) nannte die Personaldiskussion in der "Welt am Sonntag" "nicht sonderlich hilfreich". Führende SPD-Politiker warfen der Kramp-Karrenbauer ein Herumeiern im Umgang mit Maaßen vor. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte Kramp-Karrenbauer auf, ihren "Zick-Zack-Kurs" im Umgang mit Maaßen zu beenden.

Man darf gespannt sein, wie sich der CDU-Frust nach den wahrscheinlicher gewordenen Wahlpleiten in Sachsen und Brandenburg entlädt - und ob AKK dann überhaupt noch einmal aus den Negativ-Schlagzeilen herauskommt. Demnach könnte eine Pleite in den Wahlergebnissen am 1. September das Ende ihres CDU-Vorsitzes bedeuten - das ist auch abhängig von den Reaktionen der Bundespolitiker auf die Wahlergebnisse. Eine Kanzlerschaft der Verteidigungsministerin wird immer fraglicher. Vielleicht gar nicht schlecht für sie: Als Bundesverteidigungsministerin flog sie am Montag zu ihrer ersten Dienstreise nach Jordanien und entflieht so dem Echo ihrer Worte. 

Ein Kommentar von Georg Anastasiadis, Chefredakteur des Münchner Merkur*, zum Thema AKK und Maaßen können Sie hier lesen. ARD-Sommerinterview mit Annegret Kramp-Karrenbauer: Die CDU-Chefin bekräftigte ihr Nein zu einer Zusammenarbeit mit der AfD. Nun sorgt ein gelöschter Tweet für Aufregung.

*Merkur.de gehört zum bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerk

Auch interessant

Kommentare