Es ist unklar, wie das Grab zerstört wurde. Die Taliban haben nach rund einer Woche schwerer Gefechte mit Widerstandskämpfern in dem Tal am Montag erklärt, die Provinz stünde unter ihrer Kontrolle. Nutzer in sozialen Medien beschuldigten die Islamisten. Auf einem der Videos ist zu sehen, dass ein Taliban-Kämpfer vorschlägt, den Stein nach Kabul zur Reparatur zu bringen.
+++ 10.00 Uhr: Mullah Mohammad Hasan Akhund, neuer Regierungschef von Afghanistan und Taliban-Anführer, hat geflohene ehemalige Beamte zur Rückkehr aufgefordert. Im Interview mit der Nachrichtenagentur Al Jazeera betonte er, dass er „ihre Sicherheit und ihren Schutz garantieren“ werde.
Dasselbe werde für Diplomatinnen und Diplomaten sowie Hilfsorganisationen gelten, so der Taliban-Chef. Man wolle zudem die „große Verantwortung“ gegenüber dem afghanischen Volk wahrnehmen. Die Zeit des Blutvergießens sei nun vorbei, so Mullah Mohammad Hasan Akhund: „Die Phase [...] des Tötens und der Verachtung für die Menschen in Afghanistan ist beendet, und wir haben dafür teuer bezahlt.
Update vom Donnerstag, 09.09.2021, 6.30 Uhr: Eine Vertreterin der Vereinten Nationen hat den Taliban vorgeworfen, ihr Versprechen, die Rechte von Frauen in Afghanistan zu respektieren, zu vernachlässigen. „Wir erhalten jeden Tag Berichte über Rückschritte bei den Frauenrechten“, sagte die in Kabul ansässige UN-Frauenrechtlerin Alison Davidian am Mittwoch (08.09.2021) in einer Videokonferenz. Frauen in Afghanistan werde nun etwa verboten, ohne männliche Begleitung das Haus zu verlassen oder zu arbeiten.
Außenminister Heiko Maas hatte in einem ARD-Interview am Mittwoch betont, dass man die Taliban genau beobachten werde, und dass von ihren Taten, nicht von ihren Worten insbesondere bezüglich der Frauenrechte eine zukünftige Zusammenarbeit abhänge.
+++ 22.15 Uhr: Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas äußerte sich skeptisch über die neue Taliban-Regierung. „Die Bildung einer Übergangsregierung ohne Einbeziehung anderer Gruppen ist nicht das Signal für mehr internationale Zusammenarbeit und Stabilität im Land“, sagte Maas am Mittwoch auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein.
Außenminister Maas warb für eine enge internationale Abstimmung zum Umgang mit der neuen Regierung in Kabul. Diese als diplomatisch anzuerkennen, schloss Maas zum derzeitigen Zeitpunkt aus. Um die verbliebenen Ortskräfte und gefährdeten Menschen aus Afghanistan zu holen, sei es „notwendig, mit den Taliban zu sprechen, unabhängig von einer diplomatischen Anerkennung“, so Maas.
Auch die Wiedereinsetzung eines bereits aus den 1990er Jahren gefürchteten Ministeriums für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters schürte Zweifel an den Versicherungen der Islamisten, sich diesmal moderater geben zu wollen. Am Mittwoch nahm die neue Regierung in Kabul ihre Arbeit auf. In mehreren Städten des Landes gab es wie bereits in den Tagen zuvor einzelne Proteste, unter anderem in Faisabad. In Kabul lösten bewaffnete Taliban-Mitglieder eine kleine Demonstration auf. Am Dienstag hatten in Herat im Westen des Landes und in Kabul jeweils hunderte Menschen protestiert. Am Mittwochabend erklärten die Taliban, Proteste seien „bis auf Weiteres“ nicht erlaubt.
Die Europäische Union (EU) will dennoch ihre Nothilfe für Afghanistan fortsetzen – die neue Taliban-Regierung aber genau im Auge behalten.
+++ 9.30 Uhr: US-Außenminister Antony Blinken hat sich auf seiner Reise nach Deutschland über die neue Taliban-Regierung geäußert. Demnach sei Washington „besorgt über die Verbindungen und den Werdegang einiger der Personen“, hieß es in der Erklärung. Besonders im Fokus steht dabei der neue Innenminister, Siradschuddin Hakkani. „Wir verstehen, dass die Taliban dieses Kabinett als Interimskabinett vorgestellt haben. Wir werden die Taliban jedoch nach ihren Taten und nicht nach ihren Worten beurteilen“, hatte ein Sprecher des US-Außenministeriums die Personalien in Afghanistan kommentiert.
+++ 9.00 Uhr: Die Taliban haben ihre Regierung für das „islamische Emirat Afghanistan“ vorgestellt. Regierungschef soll Mullah Mohammed Hassan Achund werden (s. Erstmeldung). Als Innenminister hat die radikal-islamische Organisation einen durchaus bekannten Terroristen vorgesehen: Sirajuddin Haqqani.
Haqqani steht seit dem Jahr 2007 auf der Terrorliste der UN. Zudem fahndet das FBI nach ihm, wie ein Dokument zeigt: Auf ihn wurde ein Kopfgeld von zehn Millionen US-Dollar ausgesetzt. Er gilt als Drahtzieher zahlreicher Selbstmordanschläge in Kabul und der Umgebung, beispielsweise auf die deutsche Botschaft im Jahr 2017. Zudem werden ihm enge Kontakte zur Terrororganisation Al-Qaida nachgesagt. Er leitet seit Jahren das sogenannte Haqqani-Netzwerk innerhalb der Taliban, eine der einflussreichsten Gruppen in der Organisation.
Haqqani soll in Zukunft die innerpolitischen Geschicke des Landes gestalten, was die von den Taliban angestrebten diplomatischen Beziehungen zu westlichen Staaten erschweren dürfte.
Erstmeldung von Mittwoch, 08.09.2021, 7.00 Uhr: Kabul – Die radikalislamischen Taliban* haben drei Wochen nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan* erste Mitglieder ihrer Regierung vorgestellt. Regierungschef wird Mullah Mohammed Hassan Achund, wie Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Kabul sagte. Stellvertretender Regierungschef wird Taliban-Mitbegründer Abdul Ghani Baradar. In Kabul und anderen Städten gab es derweil Proteste gegen die Taliban.
Mullah Achund war auch an der ersten Regierung der Miliz beteiligt, die bereits von 1996 bis 2001 an der Macht war. Damals hatte er den Posten des stellvertretenden Außenministers inne. Er steht auf der schwarzen Liste der Vereinten Nationen und war ein enger Verbündeter und politischer Berater von Mullah Omar, dem Gründer und ersten Anführer der Taliban. Nach UN-Angaben galt Achund früher als „einer der effektivsten Taliban-Befehlshaber“.
Baradar hatte insbesondere die Verhandlungen mit den USA* im katarischen Doha geleitet, die zum Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan führten. Auch weitere Schlüsselposten des Kabinetts wurden an führende Vertreter der Miliz vergeben. Mullah Jakub, der Sohn des Taliban-Gründers Mullah Omar, wurde zum Verteidigungsminister ernannt.
Der Posten des Innenministers wurde Siradschuddin Hakkani übertragen, der zugleich stellvertretender Taliban-Chef und Anführer des für den Einsatz von Selbstmordattentätern bekannten Hakkani-Netzwerks innerhalb der Miliz ist. Amir Chan Muttaki, ein weiterer Verhandlungsführer in Doha, wurde zum Außenminister ernannt. Auch er gehörte bereits dem ersten Kabinett der Islamisten an.
Gemäß Taliban-Sprecher Mudschahid handelt es sich um eine Interimsregierung. „Das Kabinett ist noch nicht vollständig“, erklärte er. „Wir werden versuchen, Leute aus anderen Teilen des Landes zu holen.“ Die Islamisten hatten die Bekanntgabe einer neuen afghanischen Regierung zuvor mehrfach verschoben. Sie hatten eine „integrative“ Regierung versprochen, die die komplexe ethnische Zusammensetzung des Landes abbildet.
Die USA äußerten sich skeptisch: Die Regierung bestehe „ausschließlich aus Personen besteht, die Mitglieder der Taliban oder ihnen nahestehende Personen sind, und keiner Frau“, erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Zudem seien die USA „besorgt über die Verbindungen und den Werdegang einiger der Personen“.
Die Taliban stehen neben dem gesellschaftlichen Widerstand vor der Herausforderung, die bereits zuvor weitgehend von internationaler Hilfe abhängige und seit ihrer Machtübernahme zusätzlich gelähmte Wirtschaft aufzubauen. Die Sicherheitslage ist zudem wegen des örtlichen Ablegers der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) angespannt. Außerdem droht nach UN-Angaben eine humanitäre Katastrophe in dem Land.
Vereinzelte Proteste in den vergangenen Tagen machten bereits deutlich, dass Teile der Bevölkerung skeptisch sind, ob die Taliban ihr Versprechen einer moderateren Regierung einhalten werden. In mindestens zwei Vierteln von Kabul gingen am Dienstag (07.09.2021) hunderte Menschen gegen die neuen Machthaber auf die Straße. Taliban-Kämpfer feuerten Warnschüsse ab, um die Demonstrationen aufzulösen.
Vor der pakistanischen Botschaft, Pakistan steht wegen seiner Nähe zu den Taliban in der Kritik, versammelten sich etwa 70 Menschen - überwiegend Frauen. „Afghanische Frauen wollen, dass ihr Land frei ist. Sie wollen, dass ihr Land wieder aufgebaut wird. Wir sind müde“, sagte die Demonstrantin Sarah Fahim.
Im Herat wurden bei Protesten nach Angaben eines Arztes zwei Menschen erschossen und acht weitere verletzt. „Sie haben alle Schusswunden“, berichtete der Arzt, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP.
Taliban-Sprecher Mudschahid bezeichnete die Proteste als „illegal, solange die Regierungsbüros noch nicht geöffnet und die Gesetze noch nicht verkündet wurden“. Er forderte die Medien auf, nicht über die Demonstrationen zu berichten.
Nach Angaben des afghanischen Verbands unabhängiger Journalisten (AIJA) wurden 14 afghanische und ausländische Journalisten, die über die Demonstrationen berichteten, von den Taliban vorübergehend festgenommen. Mehrere Journalisten berichteten zudem, sie seien geschlagen oder ihre Ausrüstung sei beschlagnahmt worden. (ktho/tu mit AFP/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.