Ex-Präsident Mursi zu 20 Jahren Haft verurteilt

Kairo - Ein Gericht in Kairo hat am Dienstag den ehemaligen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi zu 20 Jahren Gefängnis wegen Gewalt gegen Demonstranten verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem islamistischen Politiker vorgeworfen, für den Tod von Demonstranten im Dezember 2012 vor dem Präsidentenpalast verantwortlich zu sein. Das Gericht sah dafür die Anklage des Mordes nicht für erwiesen an. Für diesen Tatbestand hätte Mursi die Todesstrafe gedroht. Es ist das erste Urteil gegen Mursi seit dessen Entmachtung 2013.
14 weitere Spitzenfunktionäre aus der inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft erhielten in dem selben Verfahren Haftstrafen zwischen 10 und 20 Jahren. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Musi war Mitte 2012 aus den ersten freien Präsidentenwahlen in der Geschichte Ägypten hervorgegangen. Nach Massenprotesten gegen seine autoritäre Herrschaft stürzte ihn das Militär im Juli 2013 von der Macht. Seitdem ist er in Haft.
Mursi - vom Präsidententhron in die Gefängniszelle
Als Politiker und Präsident versprühte der 63-jährige Mohammed Mursi wenig Charisma. Seit seinem Sturz durch das Militär im Juli 2013 umweht ihn zumindest in den Augen der ihm verbliebenen Anhänger die Aura des Märtyrers im Kerker. Am Dienstag verurteilte ihn erstmals ein Gericht in Kairo - zu 20 Jahren Gefängnis.
Mursi wurde 1951 in einem Dorf der Provinz Scharkija als Sohn eines Bauern geboren. Einen Teil seiner akademischen Laufbahn absolvierte er in den USA. Er gilt als eher bodenständig und gehörte dem konservativen Flügel der inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft an. Viele Kommentatoren waren sich einig, er habe keine Ausstrahlung. Bei öffentlichen Auftritten lächelte er fast nie.
Zum ersten freigewählten Präsidenten in der Geschichte Ägyptens wurde er fast zufällig. Seine Organisation schickte ihn 2012 in letzter Minute als Ersatzmann ins Rennen. Die Wahlkommission hatte zuvor das Bruderschafts-Schwergewicht Chairat al-Schater von der Wahl ausgeschlossen. Die Ägypter verpassten Mursi daraufhin den Spitznamen „Ersatzreifen“.
Nach dem Sturz des Langzeitherrschers Husni Mubarak 2011 durch Massenproteste der eher liberalen Jugend wurde Mursi zum Chef der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, die die Muslimbrüder als Wahlpartei ins Leben riefen. Ihre im Untergrund geknüpften Netze verhalfen der Islamistenbewegung in der kurzen demokratischen Phase nach dem Sturz Mubaraks zu einem massiven Startvorteil gegenüber den weltlichen Parteien.
Dennoch gewann Mursi die Präsidentschaftswahl im Juni 2012 nur knapp. Als erster Mann im Staat blieb er Beobachtern zufolge stark abhängig von der Führung der Muslimbrüder um Al-Schater. Deshalb entfremdete er sich zunehmend von jenem Teil der Wähler, die ihm nur deshalb ihre Stimme gegeben hatten, weil sein Gegenkandidat in der Stichwahl um die Präsidentschaft ein Mann des Mubarak-Regimes war.
dpa