Diese Frühwarnzeichen für eine Depression sollten Sie kennen – „Entwickeln sich oft über Tage“
Allein in Deutschland leidet eine Vielzahl an Menschen an Depressionen. Dabei könnte das sogar verhindert werden. Doch wie?
Berlin – Eine Depression wird als eine krankhafte Gemütsstörung definiert. Laut Schätzungen vom Bundesgesundheitsministerium erkrankt allein in Deutschland jede fünfte Person einmal in ihrem Leben an ihr – mindestens einmal. Auf viele Menschen trifft das sogar wiederholt zu. Die Anzeichen für eine Depression könnten dabei bereits frühzeitig gedeutet werden – auch bei Kindern und Jugendlichen: Wie Eltern erkennen, ob ihr Kind depressiv ist.
„Schwere depressive Krankheitsphasen beginnen in der Regel nicht von jetzt auf gleich. Sie entwickeln sich oft über Tage bis Wochen, bevor dann alle Krankheitssymptome voll ausgeprägt vorhanden sind“, heißt es in diesem Kontext von Astrid Freisen gegenüber bild.de. Was die Psychiaterin sonst noch zum Thema Depressionen zu sagen weiß.

Diese Frühwarnzeichen können auf eine Depression hindeuten
Freisen erklärt, mit welchen Frühwarnzeichen sich eine Depression, die durch Kaffee gelindert werden soll, ankündigt. Grundsätzlich würde die krankhafte Gemütsstörung bei jedem Menschen ein wenig anders aussehen. Und doch gebe es eine Anzahl von Symptomen, die sich häufig zeigen. Folgende gehören dazu:
- Sie antworten nicht mehr auf private E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten und gehen nicht mehr ans Telefon.
- Ihre Freizeit verbringen Sie lieber passiv vor dem Bildschirm.
- Sie leiden unter Appetitverlust oder Heißhunger.
- Sie spüren eine innere Ruhelosigkeit wegen andauerndem Grübeln.
- Ihnen ist alles zu viel, weswegen sie sich sozial zurückziehen.
- Sie leiden unter Konzentrationsstörungen.
- Sie erleben körperliche Beschwerden wie Kopf- oder Rückenschmerzen.
- Sie brauchen abends sehr lange zum Einschlafen.
- Morgens kommen Sie gar nicht mehr aus dem Bett.
- Sie empfinden eine starke Abnahme der Lust auf Sex.
- Sie sind emotional dünnhäutig (Frauen weinen zum Beispiel eher viel, während Männer eher aggressiv und abweisend werden können).
„Sollten Sie sich in diesen Symptomen wiedererkennen, empfehle ich Ihnen einen Arzt aufzusuchen“, sagt Psychiaterin Freisen.
Depression nicht unterschätzen: Betroffene sollten sich Hilfe holen oder krankschreiben lassen – rät Expertin
Im Falle einer Depression, die sich von einer Winterdepression unterscheidet, sei es aber auch wichtig, sich helfen oder krankschreiben zu lassen. „Durch das Tabu gibt es immer noch viel Unwissen und Vorurteile. Hinzukommt, dass die Erkrankung nicht greifbar ist, wie zum Beispiel ein gebrochenes Bein, und die Betroffenen manchmal gar nicht genau beschreiben können, was gerade nicht stimmt, macht den Besuch beim Arzt auch nicht leichter“, merkt Freisen an.
Dabei würde die Expertin aus eigener Erfahrung sprechen. Sie hätte mehrere depressive Phasen erlitten. Und trotz ihrer medizinischen Ausbildung sei es sogar ihr schwergefallen, die Krankheit als solche und nicht als Schwäche zu betrachten. „Schamgefühle und die Selbststigmatisierung stellen oft eine Hürde dar, um sich um Hilfe zu bemühen“, heißt es dann auch von Freisen.
Für Hausärzte sei es längst „Normalität“, dass sich Menschen mit Depressionen in ihrer Praxis vorstellen. Mehr noch: „Die Krankschreibungen wegen Depressionen und Angststörungen steigen kontinuierlich an und sind zum Beispiel bei der Techniker Krankenkasse seit 2018 die häufigste Ursache für krankheitsbedingte Fehltage“.
Keine falsche Scham beim Arztbesuch – Psychiaterin empfiehlt Stichpunktliste für Betroffene mit Depression
Wer an Depressionen leidet, dem fällt der Arztbesuch nicht leicht. Die Psychiaterin empfiehlt Betroffenen deswegen, sich vorab eine Stichpunktliste für das Gespräch anzufertigen. Die Liste würde eine Stütze bieten, um aufgrund von Nervosität, Scham und Konzentrationsstörungen nicht plötzlich blank im Gespräch zu sitzen. Und auch das Miteinbeziehen eines vertrauten Menschen kann helfen.
Für das erste Gespräch würde ein Besuch beim Hausarzt reichen. Dieser könne quasi als Lotse dienen, um notwendige weitere Behandlungsschritte einzuleiten. Das könne von der kurzfristigen Verschreibung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln oder Antidepressiva bis hin zur Überweisung zum Psychiater reichen.
Mütter mit Depressionen erhalten besondere Unterstützung durch Krankenkasse
Vor allem Müttern würde es oftmals schwerfallen, sich infolge einer Depression in stationäre Behandlung zu begeben und somit ihre Kinder allein zu lassen. Das hätte Freisen in ihrem beruflichen Alltag öfters erlebt.
Doch gibt es für Mütter eine besondere Unterstützung. „Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für eine Haushaltshilfe während eines notwendigen Krankenhausaufenthaltes“, merkt die Psychiaterin an.
Von Depressionen Betroffene sind krankgeschrieben: Dürfen sie trotzdem freizeitlichen Aktivitäten nachgehen?
Wer unter einer Depression leidet und den Schritt zur Krankschreibung bewältigt hat, stellt gleich vor der nächsten Hürde. Oder besser gesagt: vor einem Gewissenskonflikt. Darf man sich krankschreiben lassen und trotzdem freizeitlichen Aktivitäten nachgehen? „Ja!“, lautet die klare Antwort von Freisen. Das weiß sie auch zu erläutern:
Sie müssten das sogar, wenn sich die Depression nicht weiter verstärken soll. Allgemein gilt: Belastungen reduzieren, aber trotzdem aktiv bleiben und sich nicht komplett isolieren.
Betroffene sollten sich auch keine Sorgen machen, wenn ihnen beispielsweise beim Gang ins Schwimmbad ein Arbeitskollege über den Weg läuft. Schließlich gebe es mittlerweile auch Gerichtsentscheidungen, die bestätigen, dass alle Aktivitäten erlaubt sind, welche der Genesung dienen.
* Redaktionelle Anmerkung: Sollten Sie selbst unter Depressionen leiden oder Menschen kennen, die unter Selbstmordgedanken leiden, können Sie sich bei der Telefonseelsorge melden. Diese ist unter 0800/111-0-111 sowie 0800/111-0-222 zu erreichen. Die Online-Adresse lautet www.telefonseelsorge.de.