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Seegurken sind so wertvoll, dass Menschen ihr Leben riskieren, um sie am Meeresgrund zu ernten

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Von: Lukas Rogalla

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Das Geschäft mit Seegurken boomt, vor allem in Asien. Doch die steigende Nachfrage kann in den Meeren für „eine echte Katastrophe“ sorgen.

Kassel – Der Blick auf eine Seegurke verrät es nicht unbedingt, aber die wurstähnlichen, manchmal stacheligen Tiere sind äußerst begehrt. Sogar die japanische Mafia ist mittlerweile im Geschäft. Doch was macht die Seegurke so wertvoll, dass einige Leute für den Fang sogar ihr Leben aufs Spiel setzen.

Seegurken sind „seltsame Tiere“ – und werden immer teuer

Die Seegurken werden nach ihrem Fang in trockener Form verkauft, über Tage in Milch eingelegt und gekocht. Schließlich wird den Tieren die Haut abgezogen, bevor sie zubereitet werden, berichtet der Deutschlandfunk. Dabei werde die Seegurke entweder frittiert, geräuchert, gesalzen, in eine Suppe gegeben oder als Pulver genutzt.

„Es sind ziemlich seltsame Tiere“, sagt Steven Purcell, Experte für Seegurken, dem Portal Business Insider. „Sie haben keine Gliedmaßen, sie haben keine Augen. Sie haben einen Mund und sie haben einen Anus und eine ganze Menge Organe dazwischen.“ Seegurken können nur wenige Millimeter oder bis zu zwei Meter groß werden. Sie bewegen sich nur sehr langsam vorwärts. Weltweit gibt es etwa 1.250 Seegurken-Arten. Am begehrtesten ist jedoch die Japanische Seegurke – mit einem Marktpreis von bis zu 3.500 US-Dollar. „Stellen Sie sich eine mystische Drachen-Schnecke mit all diesen Stacheln vor“, sagt Purcell. „Je stacheliger die Tiere, desto höher der Preis.“

Die Japanische Seegurke (Apostichopus japonicus) im Meer.
Die Japanische Seegurke (Apostichopus japonicus) im Meer. © Yuri Smityuk/Imago

Neben der Präsentation gehe es den Connaisseuren auch um dicke und zähe Körper, um Geschmack hingegen weniger. Vor allem in Asien wecken die Geschöpfe Begierde. Was dort zusätzlich an der Seegurke reizt, ist eine Substanz im Körper, die in der traditionellen Medizin seit Jahrhunderten als Mittel gegen Arthritis und weitere Gelenkprobleme eingesetzt wird. Auch in Europa habe man fucosylierte Glykosaminoglykane zur Behandlung bestimmter Arten von Krebs und Reduzierung von Blutgerinnseln entdeckt. Westliche Pharma-Unternehmen würden Purcell zufolge zunehmend Interesse an Seegurken zeigen. Sogar als Aphrodisiakum werden Seegurken angesehen.

Seegurken immer beliebter: Viele Meeresregionen überfischt

Eine Konsequenz der wachsenden Beliebtheit: Die Küstenregionen vieler asiatischer Länder sind überfischt, wie der Deutschlandfunk berichtet. Sri Lanka erteile bestimmte Fisch-Lizenzen, und das nur an die eigene Bevölkerung. In Indien sei der Fang mittlerweile komplett verboten. Entsprechend steige der Preis. „Nach Expertenmeinung lässt sich mit dem illegalen Seegurkenhandel fast so viel Gewinn erwirtschaften wie mit Drogen“, wird der Biologe Mario Ludwig zitiert.

Seegurken nach dem Fang
Seegurken nach dem Fang. Die Seegurke ist vor allem auf dem asiatischen Markt äußerst gefragt. © Hugo Borges/AFP

Die japanische Mafia, bekannt als Yakuza, fischt illegal nach Seegurken, um sie insbesondere in Hong Kong zu verkaufen. Vor allem für das Meer als Ökosystem sei die Jagd nach den Seegurken „eine echte Katastrophe“, meint Mario Ludwig. Mit den Ausscheidungen werde das Meer nämlich mit Nährstoffen versorgt. Die weltweite Nachfrage stieg in den letzten Jahrzehnten explosionsartig an. Im mexikanischen Bundesstaat Yucatán fiel der Fangertrag zwischen 2012 und 2014 um gleich 95 Prozent. Und je seltener die Tiere werden, desto riskanter werden die Unterfangen von Tauchern, um sie zu finden. In Yucatán seien laut Steven Purcell bislang mindestens 40 Taucher auf der Suche nach dem Tier ums Leben gekommen. Sieben von mehr als 70 der begehrtesten Seegurken-Arten gelten mittlerweile als gefährdet. (Lukas Rogalla)

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