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Seepocken-Kleber gegen Blutungen: Erste Versuche liefern erstaunliche Ergebnisse

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Von: Fee Halberstadt

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Seepocken-Kleber könnte Durchbruch für die Stillung von starken Blutungen sein
Seepocken liefern einen guten Ansatz, zur Herstellung eines Mittels, das starke Blutungen stoppen kann © Imago

Bei starken Blutungen steht die Medizin oft vor dem Problem, die Wunde rasch zu schließen. Seepocken liefern Idee für einen Kleber, der hilft.

Cambridge – Immer wieder gelingt es Forscherinnen und Forschern in der Medizin Fortschritte zu machen. Die Ausmaße können unterschiedlich sein: Manchmal werden Prozesse verbessert, Krankheiten geheilt oder Medikamente entwickelt. Beispielsweise wurde von einem Forschungsteam der Universität Konstanz herausgefunden, dass ein bestimmter Hemmstoff die Bildung von Krebs-Metastasen verhindern könnte.

Normalerweise verschließt der Körper Wunden durch die Gerinnung von Blut selbst. Entstehen größere Blutungen, steht die Medizin aber oftmals noch vor großen Problemen. Denn bisher ist die einzige Möglichkeit, eine Blutung zu stillen, sie durch Nähen zu verschließen, was zeitaufwendig ist. Auch hämostatische, also blutstillende, Mittel sind eine Möglichkeit. Mithilfe eines Naturphänomens haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) jedoch eine mögliche Lösung gefunden.

Blutungen an inneren Organen: Funktion von Wunderkleber bei Seepocken abgeschaut

Die Idee kommt wie so oft aus der Tierwelt: Seepocken sind in der Lage, sich auf einem Untergrund festzusetzen, ohne einen Stiehl oder Ähnliches zu bilden. Vereinfacht könnte man sagen, dass sie sich an dem gewünschten Ort festkleben. Dies gelingt ihnen durch zwei Schritte sogar unter Wasser. Zunächst gibt das Tier eine ölige Substanz ab, die die Oberfläche von Wasser befreit. Darauf folgt ein Protein, schreibt die Online-Plattform Forschung und Wissen, die die Seepocken mit dem Untergrund verbindet.

Laut einer Publikation im August 2021 im Fachmagazin Nature Biomedical Engineering hab Hyunwoo Yuk und ein Forschungsteam dieses Vorgehen der Seepocken kopiert und somit eine Art Kleber hergestellt, der in der Lage ist, starke Blutungen, sogar innere, zu verschließen. Ein Teil dieses Klebers bildet eine stark wasserabweisende Struktur aus Fettsäuren. Sie reinigt das Gewebe von vorhandenem Blut und hält sie sauber. Der andere Teil sind Mikropartikel, die sich daraufhin mit dem Körpergewebe stark verbinden können, erklärt Forschung und Wissen den Prozess.

SeepockenPaste zum Schließen von Wunden
Ölartige Substanz wird ausgestoßen, um Wasser zu lösenWasserabweisende Struktur aus Fettsäure, um Wunde zu reinigen
Protein zum Binden an UntergrundMikropartikel, um sich binden zu können
(Quelle: Forschung und Wissen)

Seepocken-Kleber stoppt starke innere Blutungen durch zwei Schritte

Der Kleber ist in Form einer Paste entwickelt und wurde in mehreren Tests untersucht. Die Forschenden testeten sie an Ratten und stellten fest, dass die Paste innerhalb von maximal 30 Sekunden aushärtet und somit die Wunden verschließt, wie das Online-Portal wissenschaft.de erklärt. Die Blutung ist dadurch gestillt und die Wunde verschlossen. Später wurde das Wundermittel noch an inneren Blutungen an Schweinelebern getestet. Im Vergleich zu anderen hämostatischen Mitteln wirkt die Paste deutlich schneller. Selbst als den Schweinen Blutverdünner zugeführt wurden und die Hemmung einer Blutung dadurch noch schwieriger ist, war es erfolgreich. Und auch an hohem Blutdruck, wie bei einer Hauptschlagader, scheitert die Paste nicht.

„Unsere Daten zeigen, wie die Paste eine schnelle Blutstillung auf gerinnungsunabhängige Weise erreicht. Die daraus resultierende Gewebeversiegelung kann sogar hohen arteriellen Drücken standhalten“, beschreibt Co-Autor Christoph Nabzdyk die Ergebnisse. Außerdem stellten die Forschenden fest, dass der Klebstoff mehrere Wochen hielt und der Körper ihn dann eigenständig abbaute. „Wir sind nun auf dem Weg, Haftprobleme in der schwierigen Umgebung des menschlichen Gewebes zu lösen und versuchen unsere Ergebnisse in reale Produkte umzusetzen, die Leben retten können“, äußert sich Seniorautor Xuanhe Zhao vom MIT. Wann diese Paste in der Medizin zum Einsatz kommen kann, bleibt noch ungewiss. (Fee Halberstadt)

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