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11.11.: Zülpicher überfüllt, KVB fällt aus – chaotischer Karnevalsstart in Köln

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Von: Oliver Schmitz

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Köln: Zum Start der Karnevalssession 2023 am 11.11. gab es einen Massenandrang im Zülpicher-Viertel. Das sorgte für Chaos und Kritik. So fällt die Bilanz aus.

Köln – Der 11.11. in Köln hinterlässt bei vielen gemischte Gefühle. Zum ersten Mal seit drei Jahren konnte die Sessionseröffnung 2023 komplett ohne Corona-Einschränkungen stattfinden. Kombiniert mit dem grandiosen Wetter, war die Stimmung bei den Jecken in Köln sehr ausgelassen. Auch die reinen Zahlen zeigten, dass es letztlich eher friedlich zuging. Doch der Massenandrang und das damit verbundene Chaos rund um das Zülpicher Viertel sowie bei der KVB sorgten bei vielen Menschen für Kopfschütteln und Unverständnis. Die Stadt wehrte sich aber gegen Kritik.

Karneval in Köln: Messerstiche, Anzeigen, Wildpinkler – so fällt die Bilanz zum 11.11. aus

Polizei

► 335 Einsätze insgesamt
► 145 Strafanzeigen: Unter anderem 51 Körperverletzungsdelikte, 21 Taschendiebstähle, 8 Sexualdelikte (davon eine wegen Vergewaltigung), 6 Sachbeschädigungen, 2 Raubstraftaten sowie 5 Widerstandshandlungen mit 7 verletzten und 3 nicht mehr dienstfähigen Polizeibeamten.
► 2 Messerangriffe
► 75 Platzverweise
28 alkoholisierte Personen in Polizeigewahrsam genommen
406 Verkehrskontrollen: Dabei 27 Alkoholverstöße und 2 Fahrten unter Drogeneinfluss fest. Es wurden 21 Blutproben angeordnet und 6 Führerscheine sichergestellt.

Ordnungsdienst

► Präventivgespräche Jugendschutz: 206 im Zülpicher Viertel
► Jugendschutz-Maßnahmen: 60 (davon 57 wegen Alkohol)
Ansprachen wegen Glasverbots: 66 Personen und 2 Gewerbebetriebe
► Wildpinkler: 317 (268 Männer und 49 Frauen)
► Auflösung einer Techno-Party bei Kölner Dom: 150 Feiernde waren vor Ort

Rettungsdienst

930 Einsätze insgesamt
► Zülpicher Viertel: 215 Behandlungen, 54 Transporte in Kliniken
► Altstadt: 145 Behandlungen, 30 Transporte in Kliniken

Verkehrsdienst

► Im Kwartier Latäng und im Severinsviertel wurden acht Abschleppvorgänge eingeleitet und 16 Autos verwarnt
► In der Innenstadt waren es ebenfalls acht Abschleppvorgänge und 16 Verwarnungen
► Im Bereich Altstadt Nord mussten zwei Autos abgeschleppt werden. Fünf wurden verwarnt

Stand: 12. November 2022

Deutlich über tausend Polizistinnen und Polizisten waren am Freitag (11. November) zur Sessionseröffnung des Kölner Karnevals im Einsatz. Trotz des großen Andrangs in der Kölner Innenstadt blieb es letztlich aber verhältnismäßig friedlich, wie die Polizei berichtet. Größere Ausnahmen waren zwei Messerangriffe. Einmal wurde eine 27-Jährigen in den Rücken gestochen und leicht verletzt. Beim anderen Vorfall wurde ein ebenfalls 27-Jähriger am Hals geschnitten. Die meisten Vorfälle spielten sich im Kwartier Latäng rund um die Zülpicher Straße sowie dem Aachener Weiher ab.

Im Uni-Viertel gab es „schon in den frühen Nachmittagsstunden immer wieder deutlich erkennbare Polizeipräsenz“, sagte ein Polizeisprecher am Freitagabend. Die Gründe: Erhöhter Alkoholkonsum und das daraus resultierende Aggressionspotential. Aufgrund der schieren Masse an Menschen mussten sogar weitere Einheiten der Bereitschaftspolizei NRW nach Köln beordert werden. In den anderen Karnevals-Hotspots am Heumarkt, Alter Markt und der Südstadt mussten Polizei, Ordnungsamt oder Rettungsdienst derweil eher weniger eingreifen.

11.11. in Köln: Zülpicher Viertel früh überfüllt – KVB stellte Bahn-Betrieb in Innenstadt ein

Trotz relativ wenig Gewalttaten, kam es am 11.11. zum Chaos, doch was war eigentlich genau passiert? Bereits früh machten sich viele tausende Menschen zum beliebten Zülpicher Viertel auf. So viele, dass noch vor dem offiziellen Karnevalsstart um 11:11 Uhr die Zugänge geschlossen werden mussten. In der Folge sammelten sich Zehntausende Feiernde auf den Entlastungsflächen der Uniwiesen, direkt an bzw. vor der Zülpicher Straße. Da auch diese schnell überfüllt waren, weitete sich die Masse bis zum Aachener Weiher aus.

Die Menschenmasse war letztlich so groß, dass die Zugänge zum Zülpicher Viertel quasi überrannt wurden. Nur dank der Hilfe von zwei Einsatzhundertschaften der Polizei konnte die Lage beruhigt werden. Doch Folgen hatte die Überfüllung dennoch, denn die KVB stellte mittags den Stadtbahnverkehr im Innenstadtbereich komplett ein. Bis in der Nacht zum Samstag (12. November) fuhr dort keine Linie mehr. Durch den Einsatz der Polizei musste zudem der Bahnhof Köln-Süd geschlossen werden. Jeweils auf Bitten der Polizei und Stadt Köln.

Chaos am 11.11. in Köln sorgt für Kritik: Innenstadt-Bürgermeister entsetzt – Reker wehrt sich

Polizeibeamte haben den Zugang zur Zülpicher Straße wegen Überfüllung abgeriegelt.
Der Zugang zur Zülpicher Straße in Köln wurde wegen Überfüllung von der Polizei abgeriegelt. © Thomas Banneyer/dpa

Das ganze Geschehen rund um das Zülpicher Viertel am 11.11. zog schnell deutliche Kritik nach sich. Allen voran beklagte sich der zuständige Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke über „Bilder wie am Ballermann“. Er betrachtet das von der Stadt lange geplante Sicherheitskonzept für das Zülpicher Viertel als gescheitert. Diese hatte vor allem die Zugangsregelungen zur beliebten Festmeile zentralisiert.

Für eine Bewertung des Sicherheitskonzeptes sei es noch zu früh, sagte derweil der Kölner Polizeipräsident Falk Schnabel am Freitagnachmittag. Am Samstag (12. November) äußerte sich die Stadt Köln schließlich zu dem Sicherheits- und Sperrkonzept. „Wir werden in den kommenden Tagen alle Einsatzbilanzen zusammentragen, daraus ergibt sich dann ein Gesamtbild. Wir werden es analysieren und beraten, was gut und was weniger gut funktioniert hat, damit wir für den Straßenkarneval gegebenenfalls notwendige Anpassungen vornehmen können“, kündigte Stadtdirektorin Andrea Blome an.

Auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker wehrte sich gegen Kritik. Am Freitagnachmittag hatte auch sie ein erstes größeres Statement abgegeben:

Reker zum Sicherheitskonzept für das Zülpicher Viertel am 11.11.: „Hier ist natürlich festzustellen, dass zu viele Menschen auf zu kleinem Raum sind. Wir haben das Sicherheitskonzept ja nicht in der letzten Woche vor dem 11.11. gemacht, sondern hatten dafür viel Zeit und haben sie gut genutzt. Deshalb ist es auch so umfangreich geworden. Dass ich es erst dem runden Tisch vorstellen wollte, war ja klar.“

Reker zu den Zuständen im Zülpicher Viertel: „Man mag das jetzt schön finden, wie hier gefeiert wird, oder nicht, aber: ‚Mer bruche keiner dä uns säht, wie mer Fastelovend fiere deit‘, und das tun eben die jungen Leute so. Wir müssen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sie es in Sicherheit und Ordnung machen können. Wenn das heute so weitergeht wie bisher und nichts Schlimmes mehr passiert, bin ich letztlich zufrieden, wenn die Polizei es abschließend bewertet und mir eine Maßgabe gibt, denn der Karneval, die 200-jährige Session steht bevor. Wir wollen auch aus heute lernen. Aber eines steht fest: Wir können die Menschen nicht davon abhalten, nach Köln zu kommen oder auf ihre Art Karneval zu feiern.“

Reker zu einer möglichen, weiteren Entlastungsfläche weiter entfernt vom Zülpicher Viertel: „Es hat sich kein Veranstalter, kein Gastronomen-Konsortium gefunden, die diese Veranstaltung dann übernommen hätten. Zudem wäre es nicht sicher, dass wir die Ströme der Jugendlichen, die hier auf der Straße feiern, zu dieser Veranstaltung hätten bringen können. Zudem wären dann vielleicht sogar noch mehr Menschen in die Stadt gekommen. Wer immer eine gute Idee hat, wie man diese Ströme so steuern kann, dass es völlig unproblematisch wird, ist Herzlich Willkommen.“

(os mit dpa/ots) Dieser Text wurde am 12. November um 18:29 Uhr inhaltlich aktualisiert. Neuerung: Aktuelle Zahlen in den Bilanzen ergänzt/aktualisiert/korrigiert.

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