Datenschutz: Firmen geben sich selbstkritisch
Berlin - Firmen nehmen den Europäischen Datenschutztag zum Anlass, sich in Sachen Daten-Sicherheit zu profilieren. Von einer "Mauer des Schweigens" ist die Rede. Auch ein Gesetz steht zur Debatte.
Anlässlich des Europäischen Datenschutztages hat Telekom-Vorstandsmitglied Thomas Kremer am Montag einheitliche Datenschutzregeln für Unternehmen in der Europäischen Union (EU) begrüßt. Firmen, die Internetangebote oder Cloud-Speicherdienste für EU-Bürger anbieten, sollen nach dem Willen der EU-Kommission an gemeinsame Vorgaben zum Datenschutz gebunden werden. Kremer will im Wettbewerb mit Anbietern wie Google und Amazon vor allem auf Sicherheit setzen.
Beim Cloud-Computing, also dem Angebot von Speicherplatz und Rechenleistung, machen Amazon und Google der Telekom mit niedrigeren Preisen Konkurrenz. Können Sie da mithalten?
Kremer: „Wir wollen ja Wert schaffen. Wenn Sie Wert schaffen, werden Sie auch bei den Kunden auf Akzeptanz stoßen. Wenn wir den Kunden nicht klar machen können, dass sie bei der Telekom sicher sind, kommen sie nicht zu uns. Datenschutz und Datensicherheit sind aus meiner Sicht ein klares Differenzierungsmerkmal. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Telekom dafür ein Preispremium realisieren kann.“
Mit einheitlichen Regeln in der EU wäre es egal, ob Ihre Server in Deutschland oder anderswo stehen. Geht damit Ihr Verkaufsargument verloren?
Kremer: „Vielleicht lautet dann das Argument, die Server stehen bei der Telekom. Ich halte einheitliche Regeln in der Tat für wichtig. Aber niemand hindert ein Unternehmen daran, über diesen Standard hinauszugehen und sich wiederum durch Datenschutz und Datensicherheit zu unterscheiden. Daher habe ich da gar keine Bedenken. Wir sind bei der Telekom bei dem Thema Datenschutz inzwischen sehr selbstbewusst.“
Eine Bundestagskommission ermahnte Betreiber wichtiger Infrastruktur jüngst, transparenter mit Sicherheitsgefahren umzugehen. Müssen Unternehmen sich stärker über Angriffe im Internet austauschen?
Kremer: „Das ist absolut notwendig. Wir müssen diese Mauer des Schweigens in der Industrie niederreißen, weil wir sonst nicht dazu kommen, uns ein vollständiges Bild zu machen. Bei der Größe des Problems kann das einer alleine gar nicht bewältigen.“
Dabei wurde auch diskutiert, ob Unternehmen per Gesetz dazu verpflichtet werden müssen, Angriffe öffentlich zu machen.
Kremer: „Entscheidend ist, dass wir das erreichen. Wenn es auf freiwilliger Basis klappt, umso besser. Wenn es nicht auf freiwilliger Basis funktioniert, wird man wahrscheinlich über eine gesetzgeberische Maßnahme nachdenken.“
Microsoft: Zuviel Datenschutz sorgt für höhere Preise
Der Software-Riese Microsoft warnt vor höheren Preisen durch zuviel Datenschutz. „Je höher das Datenschutzniveau ist, desto teurer werden die Produkte, was der Nutzer bezahlen muss“, sagte Microsoft-Managerin Tanja Böhm zum 7. Europäischen Datenschutztag am Montag in Berlin. Oft werde - auch von deutscher Seite - maximaler Datenschutz gefordert. Nicht bei jeder Datenverarbeitung sei jedoch das Höchstniveau erforderlich. „Innovationen sollten nicht durch Überregulierung belastet werden“, sagte Böhm. Zugleich unterstütze Microsoft grundsätzlich die Vereinheitlichung der Datenschutzbestimmungen in der EU.
Die nationalen Regelungen in den Mitgliedsländern sollen durch eine einheitliche EU-Verordnung ersetzt werden. Die Reform geht in die heiße Phase: „Wenn alles gut geht, werden wir in diesem Jahr aus dem Vorschlag der EU-Kommission ein Gesetz machen“, sagte in Berlin der Kabinettschef von EU-Kommissarin Viviane Reding, Martin Selmayr. Im Frühjahr hat das Europaparlament das Wort. Es sei wichtig, deutlich zu machen, dass Datenschutz ein Grundrecht ist, betonte der parlamentarische Berichterstatter Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/Die Grünen). Vom deutschen Standard könne man viel lernen und es sei ein Missverständnis, dass viele Regeln Unternehmen zwangsläufig das Geschäft erschweren.
Hightech-Branche warnt vor Überregulierung beim Datenschutz
Der Branchenverband Bitkom warnte unterdessen vor einer Überregulierung beim Datenschutz in der Europäischen Union. Aus Sicht der Hightech-Industrie verfehlen viele der geplanten Regelungen für eine EU-weit einheitliche Datenschutzverordnung das Ziel, den Datenschutz zu modernisieren. „Der Schutz unserer Privatsphäre wird nicht dadurch besser, dass jede Datenverarbeitung mit bürokratischen Hürden versehen wird“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
„Nach der geplanten Datenschutzverordnung werden viele bislang kostenlose Online-Dienste in Europa nicht mehr möglich sein“, sagte er. Das Prinzip, dass Nutzer in die Verarbeitung ihrer Daten einwilligen müssen, klinge zwar sinnvoll, sei in der Praxis aber kaum umzusetzen. Es schränke die Benutzerfreundlichkeit massiv ein. Das gelte zum Beispiel für die Einblendung von Werbung auf Webseiten oder Bonitätsprüfungen bei Bestellvorgängen im Internet.
dpa