Suedlink: Netzbetreiber untersucht Natur entlang der B 62

Der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW kündigt Kartierungsarbeiten im östlichen Teil des Landkreises an, um die Vereinbarkeit von Suedlink mit der Natur zu überprüfen.
Friedewald/Philippsthal – Seit Herbst 2020 steht fest: Die Trasse der geplanten Höchstspannungsleitung Suedlink wird nicht durch den Landkreis Hersfeld-Rotenburg verlaufen.
Für Verwunderung sorgt deshalb, dass der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW jetzt auch für den östlichen Teil des Landkreises Hersfeld-Rotenburg Kartierungsarbeiten für die Gleichstromleitung ankündigt. Die Kartierung diene der „Ermittlung und Erweiterung der Datengrundlage, um die Vereinbarkeit von Suedlink mit dem Natur- und Artenschutz zu prüfen“, heißt es in den Amtsblättern der Kommunen veröffentlichten Bekanntmachung.
Hanna Jansky, Bürgerreferentin für das Suedlink-Projekt bei TransnetBW, betont auf Nachfrage unserer Zeitung allerdings, dass es bei den Untersuchungen im Ostkreis nicht um die Stromtrasse selbst, sondern um den Transport der Erdkabel gehe.
Nach dem Ende der sogenannten Bundesfachplanung hatte die Bundesnetzagentur im Oktober 2020 den einen Kilometer breiten Seudlink-Trassenkorridor festgelegt. In dessen Grenzen wird nun im nächsten Schritt, dem Planfeststellungsverfahren, über den punktgenauen Leitungsverlauf entschieden.
Der Korridor verläuft aus Norden kommend in Hessen durch den Werra-Meißner-Kreis. Südöstlich von Wommen wird die Werra gequert, die dort die Landesgrenze zu Thüringen bildet. Die Trasse führt weiter an Unterellen und Marksuhl vorbei, erreicht östlich von Bad Salzungen wieder das Werratal, quert den Fluss bei Schwallungen und läuft durch den Landkreis Schmalkalden-Meiningen auf die thüringisch-bayerische Landesgrenze zu.
Unter anderem im Raum Philippsthal, Heringen und Friedewald würden ab Februar mögliche Logistikflächen kartiert, kündigt Hanna Jansky an. „Die Kartierungen führt TransnetBW durch, um die Belange von Natur und Umwelt bei der Planung der möglichen Logistikflächen, Zwischenlager und Zuwegungen in der Bauphase auch außerhalb des festgelegten Korridors bestmöglich zu berücksichtigen.
Suedlink selber wird im festgelegten Korridor verlegt“, unterstreicht die Bürgerreferentin. Erfasst würden jeweils in unterschiedlichen Zeiträumen unter anderem Amphibien, Brutvögel, Falter, Fledermäuse, Reptilien und Käfer.
Konkret gehe es um Flächen am Autobahnzubringer in Friedewald und entlang der B 62, welche als eine mögliche Route zur Trassenbaustelle in Thüringen infrage komme. Die an unterschiedlichen Orten in Europa produzierten Erdkabel sollen laut TransnetBW von Zwischenlagern aus mit Schwerlastfahrzeugen ausgeliefert werden.
Bis zu zwei Kilometer lange Kabel würden dabei auf Trommeln mit einem Querschnitt von 4,4 Metern aufgespult und auf bis zu 42 Meter lange Spezialtransporter verladen. Das Gesamtgewicht von 100 bis 180 Tonnen verteile sich auf eine große Achsanzahl, sodass die Radlast maximal zwölf Tonnen betrage. Jedes Rad des Spezialaufliegers sei einzeln lenkbar, Bordsteine und Verkehrsinseln könnten überfahren werden.
Dennoch müssten für die Transporte eventuell vorübergehend Einmündungen verbreitert, Kurvenradien entschärft oder Fahrbahnränder befestigt werden, verdeutlicht Hanna Jansky. Möglicherweise werde an der Autobahnabfahrt auch ein Lagerplatz eingerichtet. Die Kartierung stelle sicher, dass dabei keine gefährdeten Arten beeinträchtigt werden.
Noch stehe allerdings nicht fest, ob die Transporte tatsächlich über die B 62 rollen, betont die Bürgerreferentin. Bei der Suche nach der besten Route würden mehrere Alternativen begutachtet und dafür parallel die Naturschutz-Kartierungen vorgenommen, um nicht in Zeitverzug zu geraten, wenn sich eine Strecke als ungeeignet erweise.
„Die ortsüblichen Bekanntmachungen haben eine längere planerische Vorlaufzeit. Es könnte sein, dass bis zum Beginn der Kartierzeiträume manche Flächen bereits in der Planung wieder ausgeschlossen worden sind und doch nicht mehr untersucht werden müssen“, so die Referentin.
Die Kartierungs-Ergebnisse flössen nicht nur in die weitere Planung ein, sie seien auch Bestandteil des von der Bundesnetzagentur vorgegebenen Untersuchungsrahmens sowie der Planfeststellungsunterlagen. (Jan-christoph Eisenberg)
Leitung soll Strom von Nord nach Süd bringen
Das Netzausbauprojekt Suedlink der beiden Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW soll vorrangig im Norden Deutschlands aus Windkraft gewonnene Energie nach Süddeutschland bringen. Suedlink besteht aus zwei Gleichstrom-Übertragungsleitungen zwischen Wilster (Schleswig-Holstein) und Bergrheinfeld bei Schweinfurt sowie Brunsbüttel und Großgartach bei Heilbronn, die parallel geplant, gebaut und betrieben werden. In den Zuständigkeitsbereich von Tennet fallen der nördliche Vorhaben-Abschnitt sowie der Spannungswandler in Bergrheinfeld/West. Gegen die ursprünglich als Freileitung geplante Stromtrasse hatte es massive Proteste gegeben. Zwischenzeitlich geprüfte Korridor-Alternativen betrafen auch den Kreis Hersfeld-Rotenburg. 2015 wurde gesetzlich ein Erdkabelvorrang für alle Gleichstrom-Übertragungsleitungen beschlossen. Suedlink wird damit komplett als Erdkabel geplant. (jce)