Auch die Landtagsabgeordneten stehen auf dem Portal auf dem Prüfstand.
Bei der Vergabe der Noten für die Abgeordneten handele es sich um eine „Marketing-Aktion“ von „Abgeordnetenwatch“, merkt die CDU-Landtagsabgeordnete Lena Arnoldt an. Selbst Abgeordnete, die alle Anfragen, etwa über ihre Homepage, beantwortet haben, erhielten eine „Sechs“, „nur weil sie sich dem Zwang dieser Plattform nicht unterwerfen“.
Arnoldt hat 1 von 1 beantworteten Fragen auf dem Portal. Die verhältnismäßig geringe Zahl erklärt sie damit, dass sie viel in ihrem und den Betreuungswahlkreisen unterwegs sei und mit den Menschen ins Gespräch komme. Wenn es etwas gebe, das die Menschen bewegt, werde im Nachgang eine Lösung gesucht und per E-Mail, Brief oder Telefon kommuniziert.
Kontaktdaten der Abgeordneten seien auf der Internetseite des Landtags zu finden. Daher gebe es keinen Bedarf für „Vermittler“ wie „Abgeordnetenwatch“ „auf unserer politischen Ebene“.
Etwa vier bis fünf Anfragen gehen täglich in ihren Büros ein, so Arnoldt. Ungefähr zehn Werktage dauere es, bis zur Antwort. Wobei sie auch häufig Vermittlerin, etwa über die Möglichkeiten von Förderungen, sei. Die Antwort der zuständigen Fachabteilungen in den Ministerien dauere dann ein paar Tage.
Dass sie über das Internet-Portal bisher nur 1 von 1 beantworteten Fragen hat, könne daran liegen, dass der Europa- und der Rechtsausschuss, in denen sie sitzt, nicht so interessant für die Bürger ist, sagt Karina Fissmann (SPD). Bürgeranfragen würden jede Woche an sie gerichtet, großteils über E-Mail, Post, telefonisch oder Facebook.
Diese würden direkt nach ein bis zwei Tagen beantwortet. Müssten weitere Stellen wie Ministerien zwischengeschaltet werden, sei die Antwortdauer davon abhängig, es gebe jedoch eine Zwischenmeldung.
Die Grüne-Landtagsabgeordnete Kaya Kinkel aus dem Hersfelder-Wahlkreis ist schon seit ihrer Zeit als Kandidatin bei Abgeordnetenwatch. „Ich finde, das ist eine sehr gute Möglichkeit, um direkt in Kontakt mit den Bürgern zu kommen“, sagt sie, obwohl es natürlich auch die direkten Wege wie E-Mail oder Telefon gibt.
Kinkel hat vier von sechs Fragen beantwortet, eine Antwort wurde nicht gezählt, weil sie mit einem Standardtextbaustein erfolgte. Dafür hat Kinkel allerdings Verständnis. „Der Mechanismus ist schon gut, denn er zwingt uns zu individuellen Antworten“, obwohl es natürlich zuweilen vorkommt, dass Standartfragen an alle Abgeordneten gerichtet werden.
„Trotzdem habe ich nicht den Eindruck, dass Abgeordnetenwatch missbraucht wird.“ Auch die Filter funktionierten gut, denn Beleidigungen oder persönliche Angriffe habe sie dort noch keine erhalten. Kinkel bemüht sich, so schnell wie möglich zu antworten. Wenn sie bei sehr speziellen Fachfragen aber erst Informationen einholen muss, kann die Antwort auch mal ein paar Wochen dauern.
Die SPD-Landtagsabgeordnete Tanja Hartdegen, die für Torsten Warnecke nachgerückt ist, als dieser Landrat wurde, hat bisher erst eine Frage nach ihrer Position zur gendergerechten Sprache erhalten und diese auch beantwortet. „Ich finde diese Möglichkeit des direkten Kontakts gut, obwohl ich ein persönliches Gespräch, zum Beispiel am Telefon, immer bevorzugen würde“, sagt sie.
Generell bekommt sie normalerweise Anfragen von Parteigenossen, etwa aus Ortsvereinen, sonst seien die Bürger bei ihr „sehr zurückhaltend“. Zuweilen käme es auch vor, dass sie Fragen zur Bundespolitik erhalte, die nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen.
„Aber dann kann ich schnell den Kontakt zu Michael Roth herstellen, denn unsere Wahlkreisbüros sind ja im selben Haus.“ Über die Zeit, die sie zur Beantwortung einer Frage braucht, kann Hartdegen noch keine Angaben machen. „Die Frage nach der gendergerechten Sprache konnte ich natürlich spontan beantworten, manchmal muss man aber sicher erst recherchieren.“
Eine unbeantwortete Frage gibt es bei „Abgeordnetenwatch“ beim AfD-Abgeordneten Gerhard Schenk. Die Antwort sei aber leicht aus seinem Programm ersichtlich. Er habe auch die Anfrage nicht mitbekommen, „sonst hätte ich geantwortet“. Er positioniere sich auf Facebook stark und sei in der Szene der Corona-Widerstandsgegner, so Schenk.
Von diesen erhalte er Zuschriften ebenso wie von Menschen, die seine Beiträge in sozialen Medien teilen. Antworten schreibe er persönlich und so zeitnah wie möglich, „dafür bin ich da“, so Schenk.
(Nicole Demmer und Kai A. Struthoff)