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Abgeordnete aus Hersfeld-Rotenburg erhalten Schulnoten über Internetplattform

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Hessischer Landtag in Wiesbaden
Tanja Hartdegen Landtagsabgeordnete (SPD) © Arne Dedert/DPA

Über die Internetplattform „Abgeordnetenwatch“ haben die Bundestagsabgeordneten des heimischen Wahlkreises Schulnoten dafür erhalten, wie zuverlässig sie die dort gestellten Fragen beantworten. Und auch die heimischen Landtagsabgeordneten stehen dort auf dem Prüfstand.

Hersfeld-Rotenburg – So wie die Schüler, erhielten auch die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises 169, Michael Roth (SPD) und Awet Tesfaiesus (Grüne), zu Anfang der Sommerferien Noten. Hier für ihr Antwortverhalten auf Bürgerfragen, die ihnen über die Internet-Plattform „Abgeordnetenwatch“ gestellt werden.

Gibt es eine neue Frage bei „Abgeordnetenwatch“, erhalten die Politiker eine E-Mail. Mit Stand vom 22. Juli bekam Roth mit 29 von 29 beantworteten Fragen die Note „sehr gut“. Tesfaiesus erhielt mit 0 von 8 beantworteten Fragen ein „ungenügend“.

„Die Grundlage der Beurteilung war stichtagbezogen. Sie ist bereits überholt“, erklärt Tesfaiesus auf Nachfrage unserer Zeitung. Am Mittwoch waren fünf von acht Fragen beantwortet.

Als Bundestagsabgeordnete würden sie zahlreiche Fragen aus dem Wahlkreis, der Bundesrepublik und dem Ausland über E-Mail, Post und telefonisch erreichen. Der Anteil davon über „Abgeordnetenwatch“ sei seit September 2021, als der Bundestag neu gewählt wurde, deutlich unter einem Prozent, „ich würde sogar schätzen, weniger als ein Promille“, so Tesfaiesus. „Fragen zu aktuellen Themen kommen quasi nie über diese Plattform.“

Wie lange es dauere, bis eine Anfrage beantwortet werde, lasse sich „nicht pauschal sagen“. Eine Vorzugsbehandlung für Fragen über die Internet-Plattform gegenüber direkten Fragen von Bürgern gebe es nicht. Das lehne Tesfaiesus „aus grundsätzlichen Erwägungen ab“. Am liebsten sei ihr der persönliche Austausch, daher treffe sie sich regelmäßig mit Initiativen und Bürgern. „Dieser persönliche und unmittelbare Kontakt ist mir extrem wichtig.“

Auch Roth erreiche der Großteil der Anfragen über die „klassischen“ Kanäle wie Telefon, E-Mail, Brief oder die sozialen Medien Twitter und Instagram. Die Anfragen über „Abgeordnetenwatch“ würden jedoch in den vergangenen Jahren zunehmen.

Sein Anspruch sei es, Bürgern zügig eine Antwort zukommen zu lassen, „denn jede vernünftige Frage verdient auch eine vernünftige Antwort.“

So sehr er den Austausch mit Bürgern aus ganz Deutschland über Plattformen wie „Abgeordnetenwatch“ schätze, würden die Menschen aus seinem Wahlkreis bei der Beantwortung von Fragen Vorrang genießen, da klar für ihn sei, „dass ich als direkt gewählter Abgeordneter zuerst den Menschen in meiner Heimat verpflichtet bin“, so Roth. Trotzdem beantworte er auch die Anfragen über „Abgeordnetenwatch“ in der Regel innerhalb von vier Wochen.

Auch Landtagsabgeordnete auf dem Prüfstand

Die Arbeit der Internet-Plattform „Abgeordnetenwatch“, über die Parlamentariern Fragen gestellt werden, bewertet er nicht über, sagt Michael Roth, Bundestagsmitglied der SPD für den Wahlkreis 169. Er freue sich dennoch, wieder die Note „sehr gut“ erhalten zu haben, weil das zeige, dass er sich mit den Anliegen der Bevölkerung beschäftige.

Auch die Landtagsabgeordneten stehen auf dem Portal auf dem Prüfstand.

Bei der Vergabe der Noten für die Abgeordneten handele es sich um eine „Marketing-Aktion“ von „Abgeordnetenwatch“, merkt die CDU-Landtagsabgeordnete Lena Arnoldt an. Selbst Abgeordnete, die alle Anfragen, etwa über ihre Homepage, beantwortet haben, erhielten eine „Sechs“, „nur weil sie sich dem Zwang dieser Plattform nicht unterwerfen“.

Arnoldt hat 1 von 1 beantworteten Fragen auf dem Portal. Die verhältnismäßig geringe Zahl erklärt sie damit, dass sie viel in ihrem und den Betreuungswahlkreisen unterwegs sei und mit den Menschen ins Gespräch komme. Wenn es etwas gebe, das die Menschen bewegt, werde im Nachgang eine Lösung gesucht und per E-Mail, Brief oder Telefon kommuniziert.

Kontaktdaten der Abgeordneten seien auf der Internetseite des Landtags zu finden. Daher gebe es keinen Bedarf für „Vermittler“ wie „Abgeordnetenwatch“ „auf unserer politischen Ebene“.

Etwa vier bis fünf Anfragen gehen täglich in ihren Büros ein, so Arnoldt. Ungefähr zehn Werktage dauere es, bis zur Antwort. Wobei sie auch häufig Vermittlerin, etwa über die Möglichkeiten von Förderungen, sei. Die Antwort der zuständigen Fachabteilungen in den Ministerien dauere dann ein paar Tage.

Dass sie über das Internet-Portal bisher nur 1 von 1 beantworteten Fragen hat, könne daran liegen, dass der Europa- und der Rechtsausschuss, in denen sie sitzt, nicht so interessant für die Bürger ist, sagt Karina Fissmann (SPD). Bürgeranfragen würden jede Woche an sie gerichtet, großteils über E-Mail, Post, telefonisch oder Facebook.

Diese würden direkt nach ein bis zwei Tagen beantwortet. Müssten weitere Stellen wie Ministerien zwischengeschaltet werden, sei die Antwortdauer davon abhängig, es gebe jedoch eine Zwischenmeldung.

Kaya Kinkel hat vier von sechs Fragen beantwortet

Die Grüne-Landtagsabgeordnete Kaya Kinkel aus dem Hersfelder-Wahlkreis ist schon seit ihrer Zeit als Kandidatin bei Abgeordnetenwatch. „Ich finde, das ist eine sehr gute Möglichkeit, um direkt in Kontakt mit den Bürgern zu kommen“, sagt sie, obwohl es natürlich auch die direkten Wege wie E-Mail oder Telefon gibt.

Kinkel hat vier von sechs Fragen beantwortet, eine Antwort wurde nicht gezählt, weil sie mit einem Standardtextbaustein erfolgte. Dafür hat Kinkel allerdings Verständnis. „Der Mechanismus ist schon gut, denn er zwingt uns zu individuellen Antworten“, obwohl es natürlich zuweilen vorkommt, dass Standartfragen an alle Abgeordneten gerichtet werden.

„Trotzdem habe ich nicht den Eindruck, dass Abgeordnetenwatch missbraucht wird.“ Auch die Filter funktionierten gut, denn Beleidigungen oder persönliche Angriffe habe sie dort noch keine erhalten. Kinkel bemüht sich, so schnell wie möglich zu antworten. Wenn sie bei sehr speziellen Fachfragen aber erst Informationen einholen muss, kann die Antwort auch mal ein paar Wochen dauern.

Anfragen normalerweise aus Ortsvereinen

Die SPD-Landtagsabgeordnete Tanja Hartdegen, die für Torsten Warnecke nachgerückt ist, als dieser Landrat wurde, hat bisher erst eine Frage nach ihrer Position zur gendergerechten Sprache erhalten und diese auch beantwortet. „Ich finde diese Möglichkeit des direkten Kontakts gut, obwohl ich ein persönliches Gespräch, zum Beispiel am Telefon, immer bevorzugen würde“, sagt sie.

Generell bekommt sie normalerweise Anfragen von Parteigenossen, etwa aus Ortsvereinen, sonst seien die Bürger bei ihr „sehr zurückhaltend“. Zuweilen käme es auch vor, dass sie Fragen zur Bundespolitik erhalte, die nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen.

„Aber dann kann ich schnell den Kontakt zu Michael Roth herstellen, denn unsere Wahlkreisbüros sind ja im selben Haus.“ Über die Zeit, die sie zur Beantwortung einer Frage braucht, kann Hartdegen noch keine Angaben machen. „Die Frage nach der gendergerechten Sprache konnte ich natürlich spontan beantworten, manchmal muss man aber sicher erst recherchieren.“

Eine unbeantwortete Frage gibt es bei „Abgeordnetenwatch“ beim AfD-Abgeordneten Gerhard Schenk. Die Antwort sei aber leicht aus seinem Programm ersichtlich. Er habe auch die Anfrage nicht mitbekommen, „sonst hätte ich geantwortet“. Er positioniere sich auf Facebook stark und sei in der Szene der Corona-Widerstandsgegner, so Schenk.

Von diesen erhalte er Zuschriften ebenso wie von Menschen, die seine Beiträge in sozialen Medien teilen. Antworten schreibe er persönlich und so zeitnah wie möglich, „dafür bin ich da“, so Schenk.

(Nicole Demmer und Kai A. Struthoff)

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