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Vor der Wahl: Die Kandidaten über Tourismus, Wirtschaft und Verwaltung in Kirchheim

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Von: Christine Zacharias

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Blieben keine Antwort schuldig: Manfred Koch (links) und Axel Schmidt hatten sich gut vorbereitet.
Blieben keine Antwort schuldig: Manfred Koch (links) und Axel Schmidt hatten sich für die Fragen von Redaktionsleiter Kai A. Struthoff (mitte) gut vorbereitet. © Laura Hellwig

Eine Gelegenheit, die beiden Bürgermeisterkandidaten in Kirchheim Manfred Koch (SPD) und Axel Schmidt (CDU) im direkten Vergleich zu erleben, bot das Forum der HZ. Gewählt wird am 15. Mai.

Kirchheim – Erfahrung oder frischer Wind – das war beim HZ-Forum zur Bürgermeisterwahl, das Redaktionsleiter Kai A. Struthoff moderierte, immer wieder das Thema. Manfred Koch, seit 24 Jahren Bürgermeister in Kirchheim, punktete mit Gelassenheit, während Axel Schmidt ihm ein ums andere Mal vorwarf, Probleme auszusitzen und notwendige Projekte nicht rechtzeitig in Angriff genommen zu haben.

Dafür gab’s immer wieder lebhaften Beifall aus dem Publikum, in dem sich auch zahlreiche Vertreter von SPD und CDU befanden. Aber auch Koch wurde für seine Aussagen mehrfach beklatscht.

Persönliche Motivation

„Es macht mir nach wie vor Spaß“ versicherte Manfred Koch. Und es gebe noch viel zu tun, zum Beispiel bei der Ausweisung neuer Baugebiete. Motivierend sei für ihn zudem, dass sich bei der letzten Kommunalwahl so viele junge Leute zur Mitarbeit bereitgefunden hätten, die ihre Ideen einbringen wollten.

„Das Leben als Bürgermeister ist eine Wundertüte“, erklärte Koch. Manchmal fange der Tag morgens mit einem Tritt vors Schienbein an und dann gebe es Schmetterlinge im Bauch vor lauter Freude.

Er habe sich immer schon für Politik interessiert und deshalb beschlossen, die Chance zu nutzen, vor Ort etwas zu bewegen, erklärte Axel Schmidt, warum er vor sechs Jahren in die Kommunalpolitik eingestiegen ist.

Sehr bald habe sich dann herausgestellt, dass er Bürgermeister werden wolle, unter anderem mit Blick auf die zahlreichen kleinen und großen Probleme in allen Ortsteilen, die teilweise seit Jahren auf eine Lösung warten. Schmidt nannte zum Beispiel das Bürgerhaus, dessen Eingangsbereich bereits vor sechs Jahren saniert werden sollte und das inzwischen nicht mal mehr über eine Heizung verfüge.

Koch erklärte die Verzögerung mit den Preisen, die in Folge der reichlich verteilten Fördermittel des Landes an die Kommunen (Hessenkasse, KIP etc.) allgemein in die Höhe geschossen seien und sich auch nicht wieder reguliert hätten.

„Werfen Sie Herrn Koch Schlendrian vor?“, fragte Moderator Kai A. Struthoff den Herausforderer. „Ja, das kann man so sagen“, antwortete der. Seit er dabei sei, sei viel beschlossen aber wenig umgesetzt worden.

Verwaltung/Gemeindewerke

Seit vielen Jahren kritisiert die CDU-Fraktion, dass wichtige Projekte in Kirchheim von den Gemeindewerken umgesetzt werden und so der Kontrolle des Parlaments entzogen sind. Es wurde wiederholt auch die Auflösung der Gemeindewerke gefordert.

So weit würde Axel Schmidt nicht gehen, zumindest nicht, solang das vor einigen Jahren beschlossene Gutachten eines externen Beraters nicht vorliegt. Grundsätzlich kritisiert er aber die Arbeit in der Verwaltung und im Bauhof. „Der Bürgermeister muss sehen, dass der Laden läuft“, betonte er.

Bürgermeister Manfred Koch kündigte erste Ergebnisse der Organisationsuntersuchung für die zweite Jahreshälfte an und stellte sich vor seine Verwaltung. „Es stimmt einfach nicht, dass es drunter und drüber geht“, betonte er. „Die Verwaltung ist völlig in Ordnung.“ Auch den Vorwurf, dass Projekte über die Gemeindewerke dem Zugriff des Parlaments entzogen würden, wies er zurück.

Die Gemeindevertretung beschließe den Haushalt, auch den der Gemeindewerke. „Da steht alles drin“, betonte er. Die Aufträge würden dann von der Betriebskommission vergeben, in der beide Fraktionen und sachkundige Bürger vertreten seien. In anderen Gemeinden erledige das der Gemeindevorstand. Die Zusammensetzung der Betriebskommission als Kontrollorgan der Gemeindewerke erläuterte er auf dessen Frage auch einem Bürger.

Finanzen

Kirchheim musste nicht nur wegen hoher Schulden unter den Schutzschirm des Landes schlüpfen, es gab auch viele Jahre Probleme mit fehlenden Jahresabschlüssen und nicht genehmigten Haushalten.

Diese Probleme seien jetzt gelöst, erklärte Manfred Koch. Alle Jahresabschlüsse bis 2020 lägen dem Rechnungsprüfungsamt vor und dessen Bewertungen, soweit sie vorlägen, seien durchweg positiv. Die Verzögerungen in Kirchheim hätten sich ergeben, weil die Gemeinde kostengünstig gearbeitet habe und kein externes Büro mit der Umstellung auf die Doppik beauftragt habe, erläuterte Koch.

Die Umstellung auf die Doppik sei 13 Jahre her, gab Axel Schmidt zu bedenken. „Das kann es nicht sein. Da muss eine neue Führung her“, betonte er.

Er setzt sich zudem dafür ein, die Pferdesteuer wieder abzuschaffen, die gerade einmal 2000 Euro im Jahr bringe. Über die Hundesteuer könne man diskutieren. Die Bettensteuer tue niemandem weh und sei eine sinnvolle Sache, meinte Manfred Koch. Nach den Steuern hatten Leser gefragt.

Gewerbegebiete

Ebenso nach der Situation in den Gewerbegebieten. Hier seien alle größeren Flächen gefüllt und nur noch kleine Ecken frei, erklärten beide Kandidaten. Mit Blick auf das Landschaftsbild und die Lebensqualität in Kirchheim, sieht Koch neue Gewerbegebiete und Ansiedlungen nicht als höchste Priorität.

Vielmehr setzt er sich für die Ansiedlung weiterer Einzelhandelsgeschäfte ein. Entsprechende Interessenten gebe es. Weitere Firmen-Outlets wünscht sich auch Axel Schmidt. Für ihn ist klar, dass der Jagdhof abgerissen werden müsste. Koch will erst das Ergebnis einer gerade laufenden Untersuchung abwarten, die ermittelt, ob auch eine Sanierung möglich wäre.

Tourismus

Ein klassischer Urlaubsort ist Kirchheim nicht, verzeichnet aber nach wie vor hohe Übernachtungszahlen, obwohl in den vergangenen Jahren mehrere Hotels geschlossen haben. Herausforderer Axel Schmidt kritisierte, dass sich die Gemeinde zu schlecht präsentiere, sowohl im Internet als auch mit Prospekten.

Er will auch die Mitgliedschaft in der touristischen Arbeitsgemeinschaft Rotkäppchenland auf den Prüfstand stellen, die seiner Meinung nach zu wenig Gegenleistung für das Geld, das die Gemeinde dafür bezahlt, bringt. Schmidt sieht die touristische Zukunft im Naturpark Knüll. Bürgermeister Koch dagegen bewertet das Rotkäppchenland als erfolgreich und sieht neue Chancen im Naturpark Knüll. Er wies auch auf die gute Zusammenarbeit mit der Baumbachschen Forstverwaltung hin.

Seepark

Mit Sorge wird in Kirchheim die Situation am Seepark beobachtet, wo die Ferienhäuser nach wie vor für Urlauber zur Verfügung stehen, das Hotel aber von einer hinduistischen Religionsgemeinschaft übernommen wurde. Während Koch versicherte, der See bleibe offen und frei zugänglich für alle, wiesen Schmidt und andere Besucher auf Zäune, Absperrungen und Parkgebühren hin.

Vereinbarungen mit der Religionsgemeinschaft hätten schriftlich festgehalten werden müssen, monierte Schmidt und äußerte grundsätzliche Kritik daran, dass die Gemeinde nicht in den Verkauf des Hotels eingebunden gewesen sei. Über die Verhandlungen sei zwischen dem vorherigen Eigentümer und Bhakti Marga Stillschweigen vereinbart worden, sagte Koch.

Junge Familien

Auch mit Blick auf das laufende Kindertagesstättenprojekt und Angebote für junge Familien gab es Kritik von Axel Schmidt und auch aus dem Publikum. Schmidt warf dem Bürgermeister vor, nicht schon viel früher aktiv geworden zu sein, um eine neue Kindertagesstätte und auch Baugebiete zu planen.

Der Bedarf sei absehbar gewesen und die Einrichtung auf der grünen Wiese besser aufgehoben. Das sah Koch anders, der davor warnte, die Ortskerne veröden zu lassen. Die Kita bringe Leben in die Ortsmitte, erklärte er. Das wurde von einem Zuschauer bezweifelt.

Massive Kritik aus dem Publikum gab es daran, dass seit acht Jahren ein Kinderspielplatz im Kernort fehlt. Der war im Zuge der Autobahnbaustelle aufgegeben worden, könnte nun aber doch an alter Stelle wieder entstehen. Koch wies darauf hin, dass es im Umfeld des geplanten Kindergartens auch reichlich Platz für einen neuen Spielplatz gebe. Kritik gab es auch am Zustand des Schwimmbads. Koch wies darauf hin, dass dort kürzlich etliches erneuert worden sei.

Feuerwehr

Einig sind sich beide Kandidaten, dass die Freiwillige Feuerwehr Kirchheim mit ihrer besonders hohen Einsatzbelastung ordentliche Räume, Ausstattung und professionelle Unterstützung benötigt. Die Stelle für einen hauptamtlichen Gerätewart werde demnächst ausgeschrieben, kündigte Koch an. Er machte aber auch deutlich: „Die Feuerwehrförderung durch das Land ist ein Witz.“

(Christine Zacharias)

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