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Jagdhornbläsercorps Freischütz in Rotensee: 50 Jahre ohne Karteileichen

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Von: Kim Hornickel

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Die Ahnentafel: Einige Mitglieder der ersten und zweiten Stunde sind immer noch dabei, nur die Tracht ist heute nicht mehr tannengrün, sondern braun.
Die Ahnentafel: Einige Mitglieder der ersten und zweiten Stunde sind immer noch dabei, nur die Tracht ist heute nicht mehr tannengrün, sondern braun. © Kim Hornickel

Die Jagdhornbläser-Kameradschaft Freischütz in Hauneck-Rotensee besteht in diesem Jahr bereits seit einem halben Jahrhundert

Rotensee - Ein wenig frische Wandfarbe und ein poliertes Parkett, sonst ist das Zuhause der Jagdhornbläser-Kameradschaft Freischütz in Hauneck-Rotensee noch genauso, wie es Heinrich Manns schon seit 50 Jahren kennt. Der heute 82-Jährige hat das Vereinsheim mit dem mächtigen Steinkamin und den Jagdtrophäen an den Wänden 1973 mitgebaut. Dafür musste allerdings erst einmal das alte Backhaus abgerissen werden, das an gleicher Stelle stand. Eine letzte Ehre gab es dann aber für das Häuschen trotzdem noch. „Es gab Spanferkel und selbst gebackenes Brot zum Abschied“, erzählen die Kameraden – die alten Geschichten sind Usus. Das ist kein Wunder, denn der Eifer fürs Jagdhörnerspielen ist in dem kleinen Verein Familiensache. So wie bei Niklas Eydt. Der 25 Jährige ist zweiter Vorsitzender im Verein und seit 12 Jahren Mitglied. In den Verein hat ihn sein Großvater geholt, der damals die Idee für die Freischützen hatte. Auch Onkel Harald Eydt, Vater Armin und Bruder Hannes sind begeisterte Jagdhornbläser und immer mit dabei.

Die Gründungsgeschichte kennen alle im Verein. „Damals haben sich die Männer eine Gaudi daraus gemacht, einem Sprengsignalhorn einen Ton zu entlocken, so ist die Idee mit den Hörnern entstanden“, erzählt Eydt. Später kam Dirigent Heinrich Kimmel dazu und seitdem tönt die Kameradschaft in B – auf diesen Hörnern spielen sie nämlich.

Freitags ist Übungsstunde: Die Jagdhornbläser in Rotensee zücken ihre Instrumente und spielen auch Lieder für all diejenigen, die keine Jäger sind. Dirigent Nikolas Fehrensen (vorne) gibt im Vereinsheim den Takt vor.
Freitags ist Übungsstunde: Die Jagdhornbläser in Rotensee zücken ihre Instrumente und spielen auch Lieder für all diejenigen, die keine Jäger sind. Dirigent Nikolas Fehrensen (vorne) gibt im Vereinsheim den Takt vor. © Kim Hornickel

16 Mitglieder blasen zu den Übungsstunden in dem kleinen Vereinsheim, neben der „Jägerlinde“, jeden Freitag ins Horn. Die einen in die kleinen Fürst-Pless-Hörner und die anderen in die großen Parforcejagdhörner. Ist Geschmackssache, finden die Musiker.

Vier passive Mitglieder hat der Verein auch – aber alles altgediente Jagdhornbläser – versichert der Erste Vorsitzende Christian Otto. Karteileichen kennen die Rotenseer nicht. Alle Vereinsmitglieder packen mit an – und kommen aus Hauneck. „Es hat sich gezeigt, dass die Leute dann eben auch hier sind, wenn sie zum Beispiel bei Vereinsveranstaltungen gebraucht werden“, sagt Christian Otto, der den amtierenden Bürgermeister, Stephan Bolender, beim Vorsitz abgelöst hat.

Familie Otto hat ihren Teil zur Vereinsverstärkung schon geleistet – Ehefrau Heidi und die Zwillinge Florian und Philipp sind auch dabei. „Wir konnten aber ganz frei entscheiden, ob wir mitmachen wollen, oder nicht“, beteuert der 16-jährige Florian.

Der Einstieg ins Hornspielen sei aber gar nicht so einfach gewesen, erzählt Heidi Otto. „Bei mir sind die Noten durchs Wohnzimmer geflogen. Ich dachte, ich kriege das nie hin“, sagt die Frau, die heute in der ersten Stimme im Verein mitspielt. Allein hört sich die erste Stimme aber blechern an, findet Otto, deshalb gibt es noch die zweite und dritte Stimme, die den Takt bestimmen. Und welche Lieder schmettern die Rotenseer Freischützen am liebsten? Dirigent Nikolas Fehrensen hat das Notenblatt für „Zum Trinken“ aufgeschlagen. Das gehört zum Grundrepertoire, sagt der ehemalige Reiloser Chorleiter.

Weil aber nur fünf der Jagdhornbläser auch tatsächlich Jäger sind, sucht der Chorleiter „freundliche Stücke“ aus, die moderner sind, wie er selbst sagt. „’Sau tot’ ist eben nicht für jeden was“, erklärt Fehrensen und grinst.

Überhaupt frischen die Freischützen nicht nur ihre Lieder und das Vereinsheim immer mal wieder auf, auch ein neues Logo musste dieses Jahr her. Darum hat sich Ehefrau Corinna Fehrensen gekümmert, die gleichzeitig Schriftführerin ist. In dem kleinen Verein übernimmt jeder gleich mehrere Aufgaben.

Und weil bei den Freischützen „das Wichtige an der Musik die Kameradschaft ist“, wie die Vereinsmitglieder beteuern, darf auch eine anständige Bier-Zapfanlage nicht fehlen. Die sponserte Gastwirt Heinz Rüger von der Vollmarsburg. Ihrem inzwischen verstorbenen Gönner und allen weiteren „Ahnen“ haben die Jagdhornbläser ein Denkmal gesetzt. An der Wand neben dem Kamin hängen Bilder der Vereinsmitglieder. Andere Jagdhornbläser bereiten ihr Andenken zumindest schon mal vor. „Wir haben jetzt schon Bilderrahmen, richtig aus Holz, für die Zeit, wenn wir mal an der Reihe sind“, erklären Christian und Heidi Otto ernst. So viel Vereins-Treue sorgt auch bei den anderen Mitgliedern für Erstaunen.

Dann setzt die versammelte Mannschaft noch einmal zum gemeinsamen Üben an. „Steht fest. Horn hoch“, ruft Nikolas Fehrensen. Dann schallen die Jagdhornlieder durch das kleine Vereinsheim. Auf halber Strecke gibts natürlich auch mal eine kleine Trinkpause. Der Hals wird trocken, finden auch Brigitte und Frank Frenzel. Mutter und Sohn sind schon seit über 40 Jahren im Verein. In Rotensee ist die Jagdhornbläser-Kameradschaft eben immer noch Familiensache – und das seit 50 Jahren.

Freischützen laden ein

Zu ihrem 50-jährigen Jubiläum laden die Jagdhornbläser Freischütz Rotensee am Samstag ein. Die Feier zum halben Jahrhundert Jagdhornbläser findet ab 17 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus in Rotensee statt. Für Essen und Trinken ist gesorgt und die Jagdhornbläser spielen natürlich auch einige Ständchen, wie sie schriftlich erklären.     

Von Kim Hornickel

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