Bürgermeisterwahl in Bad Hersfeld: Fragen an die Kandidaten zu den Bad Hersfelder Festspielen

Unsere Zeitung hat den drei Bürgermeisterkandidaten die drei gleichen Fragen zur Zukunft der Bad Hersfelder Festspiele gestellt.
Bad Hersfeld – Die Festspiele sind es, die Bad Hersfeld von den vielen anderen hübschen nordhessischen Fachwerkstädten unterscheiden. Dieses fast schon geflügelte Wort des früheren Bürgermeisters Hartmut H. Boehmer beschreibt die besondere Stellung des Ruinentheaters in Bad Hersfeld nach wie vor sehr treffend.
Studien zur sogenannten Umwegrentabilität haben belegt, dass jeder Euro, der in die Festspiele investiert wird, mehrfach in die Stadt zurückfließt. Gut investiertes Geld also, möchte man meinen. Die Stadt lässt sich ihre Festspiele jährlich mindestens 1,4 Millionen Euro an städtischem Zuschuss kosten. Und mögliche Defizite, wie sie aufgrund von Unwägbarkeiten wie Zuschauerinteresse, Wetter oder zuletzt Corona immer wieder auftreten, werden, wenn auch murrend, ausgeglichen.
Bad Hersfeld sind die Festspiele lieb – und auch teuer. Zu teuer, meinen manche. Deshalb wird immer wieder über den Etat diskutiert. Angesichts der hohen Inflation und steigender Preise in allen Bereichen muss man kein Prophet sein, um anhaltende Finanzierungsdebatten zu erwarten.
Und: In Bad Hersfeld orakeln tausende Kulturinteressierte jedes Jahr aufs Neue über Ausrichtung, Spielplan, Bedeutung und Budget sowie die Frage, ob etwa mehr Klassiker ins Festspielprogramm gehören. Intendant Joern Hinkel hat seinerseits unlängst herausfordernd klar gemacht, dass es mit ihm keine Rückkehr in die „vermooste Mottenkugelzeit“ geben werde. Ob in dieser Diskussion sich alle tatsächlich gegenseitig richtig verstehen oder verstehen wollen? Wie auch immer, Bürgermeisterin oder Bürgermeister von Bad Hersfeld zu sein, bedeutet auch Dienstherrschaft bezüglich Intendanz. Zerreißproben um die Themenfelder künstlerische Freiheit, Finanzierbarkeit und Erwartung an Qualität und Attraktivität sind absehbar.
HZ-These: Die Bad Hersfelder Festspiele müssen mit der Zeit gehen, um ein breites Publikum und auch neue, jüngere Zuschauerkreise anzusprechen. Um in der ersten Liga der Festspielstädte mitzuspielen, wird die Intendanz immer auch finanziellen Bedarf und Rückendeckung geltend machen. Es gilt folglich für die neue Rathausspitze gemeinsam mit Stadtparlament und Festspielleitung einen Ausgleich zu finden zwischen qualitativ hohem Anspruch, Anziehungskraft und Bezahlbarkeit. (kai/map)

Karsten Backhaus, CDU
Wie stellen Sie sich die Finanzierung der Bad Hersfelder Festspiele vor, etwa durch die Gründung einer gGmbH, wie sie von den Festspielmachern selbst favorisiert wird?
Die Gründung einer gGmbH zur Finanzierung der Bad Hersfelder Festspiele halte ich für längst überfällig. Deutschlandweit boomen die Gründungen von gGmbHs im Bereich von Klimaschutz, Kindergärten oder kulturellen Bereichen. Eine gGmbH ist eine professionell arbeitende Organisation, die berechtigt ist, Spendenquittungen auszustellen, da sie gemeinnützig ist. Bei der Finanzierung sehe ich im Bereich des Sponsorings noch Luft nach oben. Durch die zunehmende deutschlandweite Bekanntheit des Markenzeichens „Bad Hersfelder Festspiele“ gibt es mit Sicherheit auch „Big Player“, die bereit sind, die Festspiele zu unterstützen. Darum werde ich mich gemeinsam mit dem Intendanten persönlich kümmern.
Wie viel Einfluss sollen künftig der/die Bürgermeister(in), der Magistrat und das Stadtparlament, sowie die Festspielkommission auf die Gestaltung des Spielplans haben?
Sicherlich sollte die Gestaltung des Spielplans der künstlerischen Leitung obliegen. Wir wollen ja externe Gäste anlocken und nicht als Hersfelder nur uns selbst unterhalten mit von uns gewählten Stücken. Ich weiß: Es gibt unterschiedliche Lager in der Stadt. Die einen bevorzugen künstlerisch wertvolle Stücke, die anderen hingegen wollen mehr Glamour und Entertainment, auch um Touristen anzulocken – auch mehr in Richtung Musical. Zu der zweiten Gruppe zähle ich mich. Solche Grundsatzentscheidungen sollte schon die Stadtpolitik treffen – unter anderem durch die Auswahl des Führungspersonals der Festspiele. Dessen Leitung dann aber wieder die zuvor beschriebene Freiheit haben sollte.
Welche Ideen haben Sie, um die Festspiele fit für die Zukunft zu machen?
Ich habe die Idee der „Festspiele 365“ ins Gespräch gebracht. Ich will mit dem Intendanten Joern Hinkel ein Konzept entwickeln, das Angebote in und um die Ruine außerhalb der klassischen Festspielsaison vorsieht, wie beispielsweise in der Weihnachtszeit 2020 während der Pandemie. Darüber hinaus werde ich Jugendliche und Schulen stärker an den Festspielen beteiligen. Ich will weiterhin Schauspiel-Workshops und eine Festspielakademie etablieren. In der Festspielakademie können die Festspiele deutschlandweit ihr Know-how für junge Schauspielerinnen und Schauspieler anbieten. Unterstützung dafür habe ich bereits vom hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein erhalten.

Anke Hofmann, unabhängig
Wie stellen Sie sich die Finanzierung der Bad Hersfelder Festspiele vor, etwa durch die Gründung einer gGmbH, wie sie von den Festspielmachern selbst favorisiert wird?
Der Zuschuss der Stadt bestimmt sich aus dem städtischen Haushalt, welcher auch die Aufwendungen für Straßenbau, Kitas, Energie, Klimaschutz etc. beinhaltet und ausgeglichen sein muss. Ich gehe davon aus, dass neben Stadt, auch Land und Bund die Festspiele weiter unterstützen. Die Gründung einer gGmbH wird von mir nicht unterstützt, da die Wahl einer anderen Gesellschaftsform die Festspiele nicht günstiger abschließen lässt, aber die Kontrollmöglichkeit der Stadt einschränkt. Beachtlich ist auch, dass bei einem nicht ausgleichbaren Defizit die gGmbH in die Insolvenz geht. Die Gesellschafter haften nicht mit ihrem Vermögen. Um dies zu verhindern, würde die Stadt das Defizit sicherlich ausgleichen.
Wie viel Einfluss sollen künftig der/die Bürgermeister(in), der Magistrat und das Stadtparlament, sowie die Festspielkommission auf die Gestaltung des Spielplans haben?
Die Gestaltung des Spielplanes ist im Intendantenvertrag geregelt. Danach liegen künstlerisches Ermessen sowie Spielplan in der Entscheidung des Intendanten. Natürlich wird es aufgrund eines unterschiedlichen Anspruchs an das Theater auch unterschiedliche Wünsche zum Spielplan geben. Diese kann man kommunizieren. Ich vertraue dem Intendanten, dass er mit seinem Spielplan auf Besucherzahlen (Vorjahr) reagiert. Was finanzielle Belange und Ausstattung anbelangt, ist eine Einflussmöglichkeit von Bürgermeisterin und polit. Gremien unabdingbar! Denn: Die Festspielausgaben müssen im Verhältnis zu den sonstiges Haushaltsausgaben stehen. Die Haushaltshoheit liegt bei der Stadtverordnetenversammlung.
Welche Ideen haben Sie, um die Festspiele fit für die Zukunft zu machen?
Die Festspiele sind ein Leuchtturm für Bad Hersfeld und für Marketing, Handel, Hotellerie und Gastronomie von großer Bedeutung, daher werde ich die Festspiele fördern. Dennoch müssen wir es schaffen, den von der Stadt eingeräumten Finanzrahmen einzuhalten! Dazu gehört auch ein attraktiver Spielplan, der alle Altersgruppen anspricht. „Arrangements“ für Besucher, die sich mehr als ein Stück ansehen wollen, gilt es zu berücksichtigen. Dies wurde früher gerne angefragt. Ich wünsche mir zudem, dass wir die Bad Hersfelder Bürgerinnen und Bürger für die Festspiele weiter begeistern. Besondere Angebote für die Schulen des Kreises wären ein Weg, über ein junges Publikum neue Besucher zu begeistern.

Karsten Vollmar, SPD
Wie stellen Sie sich die Finanzierung der Bad Hersfelder Festspiele vor, etwa durch die Gründung einer gGmbH, wie sie von den Festspielmachern selbst favorisiert wird?
Die Gründung einer gGmbH ist nicht mehrheitsfähig. Auch hier müssten übrigens Defizite durch die Stadt beglichen werden. Corona hat zudem in anderen Festspielorten gezeigt: Drohende Insolvenzen und Zahlungsunfähigkeiten hatten wir im Gegensatz zu diesen gGmbH-Spielorten nicht. Dass der derzeitige Zuschuss von 1,4 Millionen Euro irgendwann den steigenden Preisen und Löhnen nicht standhält, ist verständlich. Insofern favorisiere ich die Beibehaltung in städtischer Hand. Ich werde die Sparpotenziale, aber auch Potenziale der Erhöhung durch Zuschussgeber mit den Betroffenen verhandeln. Im Bereich Sponsoring müssen wir neue Wege gehen – hier sehe ich deutliche Einnahmepotenziale.
Wie viel Einfluss sollen künftig der/die Bürgermeister(in), der Magistrat und das Stadtparlament, sowie die Festspielkommission auf die Gestaltung des Spielplans haben?
Den Spielplan bestimmt, so sieht es auch der Vertrag mit der Stadt vor, alleine der Intendant. Jeder Bürgermeister, aber auch jeder Stadtpolitiker, würde gut daran tun, diese künstlerische Freiheit nicht anzutasten. Das bedeutet natürlich auch: Die Spielplanmacher müssen sich auch an der Auslastung und dem künstlerisch-finanziellen Ergebnis, also dem Ticketverkauf, messen lassen. Uns muss bewusst sein: Jede kulturelle Veranstaltung, auch unsere Festspiele, sind meist zuschussbedürftig. Was uns aber noch mehr bewusst sein sollte: Keine Festspiele zu haben, würde die Stadt in die Bedeutungslosigkeit zurückwerfen.
Welche Ideen haben Sie, um die Festspiele fit für die Zukunft zu machen?
Die Festspiele müssen sich auf ihren Markenkern konzentrieren: Theater in einer einzigartigen Spielstätte anzubieten. Dazu gehört für mich in jedem Falle die jährliche Neuinszenierung eines klassischen Stückes, ein Musical, ein Familienstück, eine Wiederaufnahme und nach Möglichkeit die Integration von Opernmusik in den Bad Hersfelder Sommer in der Stiftsruine. Zentral wird der Bau eines Funktionsgebäudes sein, welches den Theatermachern neue Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Für mich entscheidend: Wir bieten seit über 70 Jahren Bürgerfestspiele an – diesen Anspruch müssen wir uns selber vorhalten und die Menschen vor Ort stärker einbinden.